Spontis Wochenschau #3/2016: Post-WGT-Depressionen

In den sozialen Netzwerken war der Teufel los. Gefühlte 1000 Foto-Alben über das Wave-Gotik-Treffen in Leipzig. Überall änderte sich Profilbilder, Titelbilder und Statusmeldungen im Minutentakt. Die Post-WGT-Depression, eine weit verbreitete, temporäre Gemütskrankheit leidenschaftlicher Szene-Gänger, hatte um sich gegriffen und die Menschen in eine virtuelle Starre verbannt. Nach der Presseschau und dem Rückblick auf das Spontis-Treffen waren beliebte Artikel und demnächst steht auch die nächste Ausgabe des Pfingstgeflüsters an, für das wieder einige bekannte Namen geschrieben haben. Weitere Informationen dazu findet ihr natürlich demnächst wieder hier. Vor allem aber startet morgen auch das Juni-Thema des Gothic Fridays, das sich – so viel kann ich verraten – um Eure Festivalerlebnisse dreht. Wer also noch mehr Wehmut möchte, zurück in geliebte Depressionen verfallen oder einfach nur wieder seufzend vor dem Monitor sitzen möchte, sei auf die nächsten Tage vertröstet. Und für die, die es nicht mehr hören können, für die das Leben weitergeht und das WGT sowieso uninteressant ist, gibt es hier eine WGT-Freie Wochenschau:

  • Why People Love Havin Sex in Cemeteries | Broadly
    Irgendwo in Pennsylvania wurde neulich ein Lehrer dabei erwischt, wie er mit einer 17-jährigen Schülerin auf einem Friedhof Sex hatte. Broadly Autorin Sirin Kale wollte wissen, was so toll daran ist, auf Friedhöfen zu kopulieren ficken und befragte eine Reihe von Friedhofsfetischisten nach ihren Beweggründen. Ihr Fazit: „Like ying and yang, graveyards and fucking can be seen as complimentary sides of the same whole, a joyful way to bring the circle of life full term. It’s almost poetic, if you stop to think about it. As Richard puts it, „Like, look, this place is full of life. There are trees and people fucking. You’re not alone, guys.
  • Post-mortem photographic portraits from the Victorian era unite the living an the Dead | Dangerous Minds
    Die gruseligsten Fotografien der Geschichte stammen wohl aus dem späte 19. Jahrhundert, als die viktorianischen Familien die Fotografie für sich entdeckten. Es galt als ganz besondere Erinnerung, sich zusammen mit seinen frisch verstorbenen ablichten zu lassen, egal ob es nun Kinder, Erwachsene oder alte Leute gewesen sind. Sie wurden fein säuberlich drapiert und angezogen, um ein letztes Mal für eine Erinnerung an ihre Lebzeiten herzuhalten. „It’s difficult for the modern mind to apprehend the importance of the invention of the daguerrotype in 1839. All of a sudden, people had the capacity to retain a perfect image of a loved one—it must have been mind-blowing. As the cost of the technology went down, the practice of using photography to execute a proper remembrance of loved ones who had passed on must have been irresistible. Unlike today, when just about anyone you’d be likely to meet has been photographed countless times, in the late 1800s and early 1900s a person might live his or her whole life without leaving behind a photographic portrait.
  • Der Graf und Unheilig hören auf, wenn es am schönsten ist | HNA
    Stirb, Unheiliger, Stirb! Der Graf beteuert, es sei ihm ernst mit dem aufhören. Ich hoffe das Beste und Beerdigungen ohne seine Pop-Schnulze „Geboren um zu leben“. Ist das jetzt zu hart? „Seine Fans, die der Graf mit seiner Mischung aus Gothic-Pop, Rammstein-Gitarren und Schlager sowie Pathos und ein bisschen Kitsch glücklich gemacht hat, können es immer noch nicht fassen, dass sie bald ohne ihren Liebling auskommen müssen.
  • The HoaX-Files 2 – Gefährliche Tote | Hoaxilla
    Die Waschkaus haben wieder zugeschlagen. Besser gesagt niedergeschrieben. „Sie zeigen unter anderem, wie der moderne Vampir Graf Dracula entstanden ist, was hinter den spiritistischen Sitzungen des 19. Jahrhunderts steckt und erklären den Lesern, wie man sich am besten auf die Zombie-Apokalypse vorbereiten kann. Auch die fiktionale Rahmengeschichte um Faustus und das geheimnisvolle Goetheportrait geht weiter. Der Weg führt die Hoaxillas nach Wien, ins Herz des einstigen Habsburgerreiches, in dem der Vampirglaube so lebendig war, wie kaum an einem anderen Ort. Wer die beiden auf ihrer Reise durch weitere unheimliche Themen aus dem Podcast begleiten möchte, muss sich hüten, denn eins ist sicher: Die Toten reiten schnell…“ Preis: 14,95€ erhältlich beim JMB-Verlag Hannover.
  • Caitlin Doughty: „Tote chillen, die wollen nichts von dir“ | Die Welt
    Wer sich unter einem Bestatter einen verknöcherten alten Herrn im schwarzen Anzug vorstellt, ist in diesem Fall schief gewickelt. Caitlin Doughty und ihr YouTube Kanal „Ask a Mortician“ ist der Star der Bestattungsbranche, Spontis berichtete bereits 2011 über sie. Jetzt hat sie ein Buch veröffentlicht, das auch ins Deutsche übersetzt wurde. „Dieses Buch heißt „Fragen Sie Ihren Bestatter“, und es öffnet die Tür zu einer Welt, von der viele gar nicht so gerne wissen wollen, wie es dahinter aussieht. Doughty hat jahrelang als Aushilfe in einem Krematorium in San Francisco gearbeitet. Es ist einer der härtesten Jobs der Welt, körperlich und psychisch. Leichen im Dutzend mit dem Transporter abholen, aus Krankenhäusern, Hospizen oder der Gerichtsmedizin. Sie noch einmal für eine letzte Begegnung mit den Angehörigen aufhübschen. Sie dann in einen Ofen wuchten, wo sie bei 800 Grad Celsius verbrennen. Vor der Scheibe stehen und abwarten, bis nur noch die Knochen übrig bleiben, und diese dann mit einer Mühle zu feinem Staub zermahlen. Doughty hat das alles so aufgeschrieben, wie sie es erlebt hat, direkt und ungeschönt. Sie erspart ihren Lesern keine Details. Man erfährt zum Beispiel, zu welchem Trick die Mitarbeiter greifen, wenn die Augen der Verstorbenen immer wieder aufgehen: einfach Sekundenkleber reinspritzen.
  • The crowded cemeteries of Hong Kong in Pictures | The Guardian
    Es lag auf der Hand. Seit den 80ern wird in Hong Kong, einer der am dichtesten besiedelten Städte der Welt, der Platz für Leichen ein wenig knapp. 7,1 Millionen Einwohner auf 1100 Quadratkilometern – das kann nur Monaco noch besser. Friedhöfe sehen daher auch aus wie Wolkenkratzer und stehen dicht an dicht in unendlich langen Reihe an Berghängen. Auf der Seite des Guardian gibt es ein paar wirklich beeindruckende Aufnahmen der Friedhöfe, die erahnen lassen wie man in der Metropole begraben liegt. Wer glaubt, das seien Gräber für arme Menschen, der irrt. 30.000$ kostet ein Platz auf dem Friedhof.
  • Life as a goth in 1980s Yorkshire | Dazed
    Der Yorkshire-Ripper versetzte damals alle in eine paranoide Stimmung, Angst war sowieso das vorherrschende Gefühl. Arbeitslosigkeit, wirtschaftliche Instabilität und nicht zuletzt Thatchers eiserne Hand sorgten dafür. Die jugendlichen Goths als Spiegel ihrer Situation? „Like other subcultures that had their origins in punk, the scene was the product of a generation that felt it had little or no future. Under Margaret Thatcher’s Conservative government, economic instability caused mass youth unemployment in industrial cities across the north of England. As in other provincial cities such as Manchester and Liverpool, a lack of jobs created a sense of disenfranchisement in Leeds and its surrounding towns. Adding to the city’s gloomy atmosphere was the on-going spate of murders committed by serial killer Peter Sutcliffe — dubbed the ‘The Yorkshire Ripper’ by the press — who was responsible for 13 murders and several attempted murders of women around the city from 1975 until his arrest in 1981.
  • Gothic Homemaking with Aurelio Voltaire | Himself
    Aurelio Voltaire Hernandez, wie er mit vollem Namen heißt, ist Musiker, Filmemacher, Autor und Selbstdarsteller. Wenn man so möchte, ein Gothic-Tausendsassa.
  • Musicless Musicvideo: Depeche Mode – Just can’t get enough | Testspiel
    Entwarnung liebe Schützer von der GEMA! Hier gibt es keinen musikalischen Inhalt, denn das ist der Trick hinter „Musicless Musicvideo“. Man nehme einfach ein möglichst lustiges Musik-Video und entferne die Musik und lässt nur noch die Geräusche zurück, die die Musiker so machen. In diesem Fall hat es Depeche Mode erwischt, die bei einem Auftritt im französischen Fernsehen irgendwann in den 80ern einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben müssen.
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Shan_dark
Shan_dark (@guest_52358)
Vor 7 Jahre

OMG, die Friedhöfe von Hongkong sind genauso hässlich wie die Stadt selbst (ja, ich war da schon). Aber auch ein gutes Beispiel für tetrisartige Sepulkralkultur. Wusste gar nicht dass Beton so teuer sein muss und kann.

Außerdem frage ich mich, was mir das Video „Gothic Homemaking“ eigentlich vermitteln will.
Musikless Musicvideos hingegen: Oberklasse! Danke für den Tipp.

Animus
Animus (@guest_52359)
Vor 7 Jahre

„Musicless Musicvideo“ :D :D :D Super lustig!

NafNaf
NafNaf (@guest_52361)
Vor 7 Jahre

Voltaire ist großartig ;)
@Shan dark: Wirkt für mich so als wollte er sein Buch „Gothic Homemaking“ verfilmen, ich folge ihm jetzt nicht gerade auf Schritt und Tritt und habe es daher nicht mitbekommen – aber ich habe schon länger erwogen mir das Buch als „lustiges Tipps & Tricks Buch darüber wie man sich gut und günstig schwarz einrichtet“ zuzulegen. Ich denke ich werde jetzt abwarten wie die Webisodes auf mich wirken bis ich da eine entgültige Entscheidung treffe. Das einrichten einer weiteren Wohnung steht für mich auch noch ein paar Jahre in der Zukunft, ist also nicht so wild.

Ah, Unheilig hört erst einmal auf, tja meine Musik war das ja nicht gerade, aber die Idee finde ich ganz gut. Ich denke in seiner Situation würde ich ähnlich handeln.

Depeche Mode sind ja offensichtlich auch ohne Musik klasse ;)

Markus
Markus (@guest_52364)
Vor 7 Jahre

Die gruseligsten Photographien stammen zweifellos aus der Kapuzinergruft in Palermo…schon bizarr, was Totenkult und Trauer so anregen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Kapuzinergruft_%28Palermo%29

Levi
Levi(@marion)
Vor 7 Jahre

Wer das Buch von Caitlin Doughty interessant findet, für den habe ich auch einen Buchtipp:
„Mein Leben mit den Toten. Ein Leichenpräperator erzählt.“ von Alfred Riepertinger mit einem Vorwort von Mark Benecke. Der medizinische Präperator aus München ist spezialisiert darauf Leichen nach Unfällen wiederherzustellen (sodass sich etwa Angehörige verabschieden können). Außerdem beherrscht er die Technik der Einbalsamierung und der Plastination (vgl. Gunther von Hagens Körperwelten). Um die Augen der Verstorbenen auch nach dem Einsetzen der Totenstarre zu verschließend empfiehlt er übrigens folgendes: „Ich lege mit einer Pinzette in winziges Stück Papiertissue über den Augapfel und ziehe das Lid darüber, damit Ober- und Unterlid auf dem Papier haften und das Auge geschlossen bleibt.“

Gruftfrosch
Gruftfrosch(@gruftfrosch)
Vor 7 Jahre

Boah, die FH in Hongkong passen aber auch perfekt zu den einheitlichen architektonischen Elaboraten im Hintergrund. Das Verkommen des Individuums zur Nummer – alles in Reih und Glied, wie ein Armee der Toten – ein Graus.

Gruftfrosch
Gruftfrosch(@gruftfrosch)
Vor 7 Jahre

Oh, natürlich ist’s hier nicht besser. Beim Gang über die FH hierzulande, kann man die neueren Abteile getrost meist links liegen lassen. Oftmals haben wir diese Einheitsgräber noch Gesetzen aus den 3.Reich zu verdanken. Urnensammelgräber mit Einheitsgrabstein, „Blumenwiese“ usw. sowie die Praxis, die Beweggründe (du schriebst es ja selber) und die Geldtreiberei, die dahinter stecken, all das kann und soll man ja gerne hinterfragen. Mir ging es es hier oberflächerlicherweise rein um den ästhet. Aspekt. Mea Culpa ;)

Levi
Levi(@marion)
Vor 7 Jahre

Das Buch von Caitlin Doughty hab ich (noch) nicht gelesen. Das von Riepertinger hab ich auf einer Lesung (natürlich im Bestattungsmuseum) kennengelernt und fand es sehr kurzweilig. Allerdings ist es sicher nicht für jeden was, da die Leichen und die Sektionen schon sehr detailliert beschrieben werden.

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