Spontis Wochenschau #20/2011

Nachdem ich am Wochenende festgestellt habe, das Platzregen auf dem mittelalterlicher Phantasie Spektakel nicht bloß Einbildung ist, sondern auch trotz Regenschirm ganz real nass machen kann, bin ich natürlich etwas meiner Illusion beraubt. Umso authentischer war dann das Gefühl, als der Platz sich schlagartig leerte und hastige Händler ihre ertrinkenden Waren auf alten Holzkarren durch knöchelhohen Matsch zogen. So stelle ich mir das Mittelalter schon eher vor, jedenfalls das richtige.

Natürlich war ich im Nachhinein entsetzt über mich selbst, wie ich schamlos auf einem elektronischen Hexengerät (Smartphone) ein Bild von der Szenerie in den weltweiten Gesichts-Pranger (Facebook) stellte. Da frage ich mich angesichts der angeregten Diskussion im Artikel über das bevorstehende Spectaculum, wie ernst es die Darsteller mit der „gelebten Geschichte“ nehmen. Verbot von Mobiltelefonen? Verachtung und Steinigung von Regenschirm- und Gummistiefelbenutzern? Ist näher dran am Mittelalter auch mittendrin? Ich glaube, ich will es gar nicht wissen und freue mich über die Tatsache, einen atemberaubenden Schmuck-Fund auch mit elektronischen Zahlungsmitteln begleichen zu können. Achso, die Wochenschau, Entschuldigung.

  • Schlusslicht: Willkommen bei den Zombies! | Tagesschau
    Es ist immer ein Vabanque-Spiel: Man nehme einen klassischen Song, den jeder kennt und viele mögen, für eine aktuelle Werbekampagne. Etwas genauer hinhören sollte man aber schon, was denn da gesungen wird. Das mussten unter anderem schon Microsoft und die CDU leidvoll erfahren. Jetzt hat es die Stadt London erwischt…„, die für ihren Countdown der Olympischen Spiele in einem Jahr den Song „London Calling“ nahm und ihn für eine willkommene Einladung hielt. Blöd nur, das The Clash hier von einer apokalyptischen Stadt singen, die voller Zombies und knüppelnder Polizisten ist. Herzlich Willkommen!
  • Widernatürliche Homo-Gestörte | blogrebellen
    In Deutschland wüten Homo-Schlägertruppen auf den Straßen. Die Monopolmedien stört das nicht. Es geht schließlich nur gegen die neuen Juden. Am Samstag fand in Stuttgart ein kindergefährdender und familienfeindlicher Homo-Aufmarsch statt. Nach Angaben der Webseite ‘piusbruderschaft.de’ war er von einem „enormen Gewaltpotential“ begleitet. Homos sind gefährlich. Priester und Gläubige der Piusbruderschaft hielten vor dem greulichen Auftritt der moralischen Dekadenz eine Mahnwache. Diese war von der Stadt genehmigt. Trotzdem drängte sich eine Gruppe von etwa vierzig Homo-Gestörten mit vorgefertigten Schmier-Transparenten vor die Katholiken.“ Wer Propaganda für ein Relikt aus dem dritten Reich hält, wird sich nach dem Artikel ans Kreuz genagelt fühlen. Versprochen. )
  • Das mysteriöse Pringles-Hütchen | Haascore
    Als ungewollter Nachtrag zum Gothic Friday „Do goth yourself“ liefert Simone noch eine Wegbeschreibung oder besser gesagt, Bauanleitung. Von der Chips-Packung zum Hut. „Jeder kennt sie, die sagenumwobenen Mini-Hütchen, die einmal Chipsdosen waren. Ich bin sicherlich kein Meister im Fertigen von Hüten, das ist auch erst mein dritter Versuch einen zu basteln. Der Eine ist ein Accessoire für ein Tanzkostüm, den Anderen habe ich mal für eine Freundin gebastelt. Ich hätte natürlich einen coolen, schwarzen Gruftihut bauen können, aber diesen Stoff hier hatte ich nun mal gerade da, und außerdem sieht man bei dem hellen Stoff besser wie es gemacht ist.“ Ich kannte sie noch nicht und bin dankbar für die Lüftung dieser Sage.
  • Horacio Guzman’s Memories | How to be a Retronaut
    Ich finde die Idee, Hände eines Lebensgeschichte erzählen zu lassen einfach gut, um nicht zu sagen: Bewegend großartig. In kurzen Auszügen beschreibt Horacio Guzman die Menschen, zu denen die fotografierten Hände gehören und legt noch ein altes Bild dazu, um die Brücke zur Vergangenheit zu schlagen. Hände sind ein faszinierendes Werkzeug, die wie die Jahresringe eines Baumes von einem bewegten Leben erzählen können, man muss sich nur die Mühe machen, genauer hinzuschauen. „Ana Maria. She was born on the 23rd of July 1902 and she is 108 years old. Worked at home raising her family. I asked her what is the secret to live so many years? She simply said ¨To be happy¨.
  • Peter Murphy (Bauhaus): I’m a Myriad of Colours | The Quietus
    In einem herrlichen Interview mit Peter Murphy über den Status des „Godfather of Goth“, den er übrigens nicht im geringsten ablehnt: „Yet bizarrely, as it came to mutate over the decades to cross-pollinate with any number of other genres – techno, industrial and metal have all felt the chill hand of goth resting on their shoulders – several of its key players have come to reject the genre like a parent disinheriting an errant child. The Sisters Of Mercy’s Andrew Eldritch will flee from the word with the haste of a bloodsucker making its way back to its coffin before the first rays of the rising sun, while The Cure’s Robert Smith is probably too cuddly to qualify as one despite a following that suggests otherwise.
  • Nutzer von kino.to gehen überdurchschnittlich oft ins Kino… | Telepolis
    Nutzer der kürzlich staatsanwaltschaftlich vom Netz genommenen Video-on-demand-website kino.to und anderer, vergleichbarer sogenannter „illegaler Downloadseiten“ gehen weit häufiger ins Kino als der Durchschnittsbürger. Dies belegt eine Studie, die bereits vor einiger Zeit von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) unternommen wurde. Das Brisante an dieser Studie: Sie führte zu Ergebnissen, die der GfK, die als Lobbyist großer Medienkonzerne unter anderem für die Ermittlung von Einschaltquoten zuständig ist, derart unangenehm sind, dass sie nicht publiziert wurde. Seit Fertigstellung wird die Studie unter Verschluss gehalten und ist, so mit den Inhalten vertraute Quellen, „im Giftschrank verschwunden“.
  • Traumsequenzen in „Spellbound“ – Hitchcock über Dali | Spreeblick
    Spellbound (deutscher Titel: Ich kämpfe um Dich) ist einer der ersten Hollywood-Filme, die sich mit Freuds Psychoanalyse beschäftigen.Produzent David O. Selznick selbst wünschte, ein Großteil des Films solle auf seiner persönlichen Erfahrung mit der Psychotherapie basieren. Er brachte seinen Therapeuten als technischen Berater mit zum Set. Als es einmal zum Disput mit Hitchcock kam wegen der Frage, wie eine Therapie wirke, sagte Hitchcock: „Mein Lieber, es ist nur ein Film“.Die Traum-Sequenz wurde von Salvador Dalí entworfen und war ursprünglich etwas länger angelegt.Spellbound, ich bin verzaubert.
  • Deutsche Blogger rebellieren gegen Klarnamenzwang in Googles sozialem Netzwerk | t3n
    Kurz vor dem Wochenende begann, wie aus dem Nichts kommend, der Versuch eines Umsturzes. So konnte man meinen. Ein Blogger, der sich im Netz plomlompom nennt, änderte den in seinem Google-Profil hinterlegten Namen auf dieses Pseudonym. Das postete er in seinen Google+ Stream und rief alle Plusser auf, Gleiches zu tun. Daraus entwickelte sich die erste große Auseinandersetzung im jungen sozialen Netzwerk aus Mountain View. Die Frage ist: Darf Google vorschreiben, den realen Namen zu benutzen? Und wenn ja: Wann und für wen ist das ein Problem?
  • Gottesstaat Deutschland: Die Finanzierung der christlichen Kirche aus Steuermitteln | Jacob Jung
    Dienst an Gott und dem Menschen als Vermittler zwischen dem göttlichen und irdischen. Aber bitte nur mit Lohn und Altersvorsorge aus Steuermitteln. „Die christlichen Kirchen in Deutschland werden Jahr für Jahr mit über 15 Milliarden Euro aus Steuermitteln subventioniert. Hiermit ist nicht die Kirchensteuer gemeint, die zusätzlich mit fast 10 Milliarden Euro pro Jahr zu Buche schlägt. Auch die Unterstützung sozialer Einrichtungen der katholischen Caritas und der evangelischen Diakonie ist in dem Betrag nicht enthalten. Diese Zuschüsse summieren sich jährlich auf weitere 50 Milliarden Euro. Von den 15 Milliarden werden stattdessen der Religionsunterricht an den Schulen, die Theologenausbildung an den Universitäten, die Gehälter und Renten von Bischöfen und anderen Würdenträgern oder die Kosten von Kirchentagen und kirchlichen Stiftungen bezahlt.“
  • Aufgezeichnet.tv: Regelmäßige Comic-Doku als Webisodes | Nerdcore
    Neugierig auf Comics? „Schönes neues Format von Flix (Comiczeichner aus Berlin), Anne Maren Delseit, Harald Gantzberg und Klaus Schikowski: Aufgezeichnet.tv ist eine regelmäßige Doku-Reihe über Comics, die als Webisodes bei Youtube gezeigt wird.“ Schöner Bericht über Ralf König, ich habe Tränen gelacht.
  • The real Cost of Fur | Everyday is Halloween
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Karnstein
Karnstein(@karnstein)
Vor 12 Jahre

„Ist näher dran am Mit­tel­al­ter auch mit­ten­drin?“
Für Living-History-Darsteller auf jeden Fall – in meiner Gruppe befindet sich einer der sogar beschwört dass das echte Mittelaltergefühl erst dann aufkommt, wenn man sich selbst der letzten modernen Annehmlichkeit: der Wasser-Toilette ^^
Das sind aber Sachen die bleiben in der Gruppe – wir würden niemals Besuch oder andere Darsteller belästigen. Ich selbst habe übrigens fast immer eine Digitalknippse in meinem Almosenbeutel ;)

Ich LIEBE „London Calling“ – aber den Text sollte man sich in der Tat vorher mal anhören bevor man das Lied so benutzt :D

Das mit den „Homo-Gestörten“ lese ich mir lieber garnicht erst durch… erschreckend sowas…

Die Idee mit den Händen finde ich bewegend! Zu der Idee anhand von Händen eine Lebensgeschichte zu erzählen fällt mir allerdings auch Fad Gadget ein:

Google+ ignoriere ich noch geflissentlich – mit Facebook ist für mich wirklich der Gipfel erreicht, denke ich…

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