Spontis Wochenschau #8/2012

Heute ist Wahltag in NRW. Die Schützen, die vor meinem Fenster vorbeiziehen, werden wohl zwischen 2 Bieren das Lokal wechseln um zu versuchen, ihre Kreuze in die kreisrunden Felder auf dem Wahlzettel zu platzieren. Womöglich fand die letztendliche Entscheidung für eine Partei an eine Theke statt, in Uniform bekleidet, mit Orden behangen während an der Schulter eine hölzerne Waffe ruht. Eine merkwürdige Vorstellung.  Doch Wahlbeteiligung ist alles. Bei der jüngsten Landtagswahl in Kiel, lag die Beteiligung bei 38%. Keine Zeit, keine Lust, keine Idee? Ich frage mich gerade, was mir lieber ist, bevor ich gleich an die Wahlurne trete.

Heute ist auch Muttertag. Ich kann keine Blumen mehr verschenken. Manchmal macht es mich traurig, dass wir uns Tage schaffen müssen, um an die Eltern zu denken. Es gibt Menschen, die wollen sich nicht erinnern. Es gibt Menschen, die können sich nicht erinnern. Mir bleibt nur die Erinnerung und ein Foto, auf dem jeden Tag Muttertag ist. Ich will mich erinnern.

  • Mit 35 noch Geheimagent werden | Süddeutsche
    Ich war bereits Geheimagent, kannte alle Tricks, hatte ein selbstgebautes Periskop, ein Set zum sammeln von Fingerabdrücken und hatte für ein spontanes Überlebenstraining im Wald immer das kleine Handbuch dabei. Für meine Eltern zauberte ich damals viereckige Eier und züchtete die legendären Urzeitkrebse.  „Mehr als 1200 verschiedene „Gimmicks“ sind 25 Jahre lang gemeinsam mit dem Yps-Heft in Deutschlands Kinderzimmern gelandet. Jetzt, zum 37. Geburtstag und zwölf Jahre nach der Einstellung des Hefts, soll ausgerechnet dieses Kindermagazin unter der Leitung eines Mannes wiederbelebt werden, der sich zuletzt eher mit Bildern von Bikini-Schönheiten und kalauerhaften Bildunterschriften einen Namen gemacht hat. Nach den gescheiterten Versuchen aus früheren Jahren erscheint die Umstellung auf die inzwischen gewandelte Zielgruppe aber aussichtsreich.
  • Prostitution zur Zeit der Viktorianer | Gothic Tea Society
    Die Kleider sind hochgeschlossen, im 19. Jahrhundert war wenig nackte Haut zu sehen, das viktorianische Zeitalter wirkte prüde und zugeknöpft. Das stimmte aber nicht ganz. Die Prostitution blühte, es gab mehr lüsternde Freier aus besten Kreisen als hingebungsvolle Damen. In den Archiven schlummern zahlreiche Berichte über ausschweifende Orgien im Absinth-Rausch und Geschichten über eine experimentierfreudige Gesellschaft. „The Victorian period is commonly viewed by people as an era of strict moral severity. However, this is not exactly true. Victorians had a very powerful, if officially repressed, sexual appetite. Add to this the pradox that prostitution was legal, and quickly you begin to see how this problem worked itself out.
  • Amanda Fucking Palmer kickstarted Album | Nerdcore
    Amanda Fucking Palmer finanziert ihr neues Album (und ein Kunstbuch und ne Tour) selbstverständlich über Kickstarter, seit sie vor vier Jahren ihrem Plattenlabel den Stinkefinger zeigte (hier ihr Song “Please Drop Me”, das ihrem Ex-Label gewidmet ist). Die Kickstarter-Seite ging heute morgen online und ist zu diesem Zeitpunkt zu 169% finanziert, innerhalb von sechs Stunden. Das hier ist die (oder besser: eine) Zukunft des Music-Biz, denn wenn man die Platte per Crowdfunding quasi vorverkauft, kann mir die Piratenbucht am Arsch vorbeigehen und ich kann sie nach Finanzierung und Produktion immer noch traditionell verkaufen, hab’ dann aber bereits meinen Profit abgeschöpft.“
  • Mörderische Geschäfte | Der schwarze Planet
    Ein großartiger Artikel von Gastautor Josh Wittmann: „Der 28. Januar des Jahres 1829 war ein eiskalter Tag in Edinburgh. Aber schon in den Morgenstunden war die halbe Stadt auf den Beinen und beeilte sich zum Lawnmarket Square zu kommen. Nicht wenige hatten es sich sogar einige Shilling kosten lassen, um von einem der Häuser nahe des Platzes einen guten Blick zu haben auf ein Schauspiel, dass sie sich nicht entgehen lassen wollten. Denn heute sollte William Burke sterben. Und es gab kaum einen, der dies nicht gut hieß. Am Platz herrschte ein lautstarkes Stimmengewirr. Viele machten ihrer Empörung Luft und schrien lauthals Flüche, die immer wieder bei anderen Zuschauern Zustimmung hervor riefen. Um die Tribüne, auf der der Galgen errichtet worden war, war das Gedränge besonders groß. Da gab es welche, die faules Obst und sogar Steine mitgebracht hatten, um damit dem Delinquenten ein letztes Mal zu zeigen, was sie von ihm hielten. Man wollte endlich sehen, wie er starb – der Mörder und Leichenschänder Burke.“
  • Guldhans Grenzgänge: I – Facebook is watching you. | Opus Mentis
    Lieber Herr Guldhan! Willkommen bei Facebook, der sozialen Plattform der grenzdebilen Exhibitionisten. Wie ein Gallier hast du den Kampf gegen die amerikanischen Römer aufrechterhalten, doch jetzt, wo Facebook über 900 Millionen Mitglieder zählt, hast du aufgegeben. Verloren. Du hast dich dem Druck gebeugt. Oder vielleicht ist es wieder einmal dein Ziel ein Massenphänomen zu unterwandern?  „Aber es wirkt. Es zieht einen in seinen Bann. Verleitet zur Pirschjagd. So fand ich schon das Portrait des Overlords mit ausrasiertem Schopfe und einem gewohnt ungewöhnlichen Gesichtsausdruck, bei dem ich mir noch nicht im Klaren darüber bin, ob dieser Blick nun als sinnlich oder intelligent gewertet werden kann. Man möge mir die Worte verzeihen.“ Ich verzeihe Dir. Denn ich bin ebenfalls latent grenzdebil, exhibitionistisch und auf pure Präsenz aus. Und ja, dämlich gucken kann ich prima. Dennoch: Eine interessante Diskussion, die sich da auf deinem Blog entwickelt. Ich werde partizipieren, sobald ich bei Facebook weitere Bilder mit zweifelhaften Portraits hochgeladen habe.
  • Gothic-Festival in Whitby: Im Lidschatten von Dracula | SpOn
    Ein Flugplatz oder ein Messegelände? Alles keine angemessenen Orte für ein Szene-Festival. Stilechter ging es schon immer in Whitby zu, der kleinen Stadt an der Küste Englands in der schon Bram Stoker in die richtige Stimmung für seinen legendären Roman gekommen ist. „Whitby heißt „weiße Stadt“ auf Dänisch – ein Name, den die englische Stadt von nordischen Seefahrern bekam und der an diesem Wochenende ganz und gar nicht passt. Denn Ende April hüllt sich die weiße Stadt traditionell in Schwarz. Die Gothic-Fans kommen in Scharen zum Whitby Gothic Weekend, denn wo können Leute, die die Sonne als natürliche Beleuchtung mehrheitlich ablehnen, besser feiern als im Norden der britischen Insel? Was Whitby außerdem zum idealen Ort für die Gothics macht: Beim Blick übers Flüsschen Esk und vor allem auf die Ruine der gotischen Whitby Abbey geriet der Horror-Autor Bram Stoker im 19. Jahrhundert ins Schwärmen und Gruseln. “ Der besondere Reiz? Im April ist im Norden Englands kein Platz für viel Haut, sondern verhüllte und verborgenen Körper. Ganz traditionsbewusst.
  • Tim Burtons verschenktes Vampir-Gothic-Spektakel | Kulturvollzug
    Stilvoll ist einzig die liebevolle Ausstattung, die aber letztlich ebenfalls in einem Spektakel aus Action und Spezialeffekten untergeht. Das Aufeinanderprallen zweier völlig unterschiedlicher Welten – hier die distinguierte des Gentlemans Barnabas, dort das Hippie-Universum der 70er – ist Burton nur eine plakative Randnotiz wert. Überhaupt wird das Herz der Geschichte zugepappt mit überflüssigem Schnickschnack, wie etwa den Auftritten von Alice Cooper und Christopher Lee. Insgesamt also Oberflächlichkeit und Mittelmäßigkeit statt Tiefgang und Herz – so ist „Dark Shadows“ leider nur ein durchschnittliches Gothic-Spektakel geworden.“ Klingt doch klasse! Jedenfalls hier.
    www.youtube.com/watch?v=i8AL2qqcnyw
  • Die Metamorphosen des Vampirs | Everday is Halloween
    Wer ohne Hüllen schaut des nackten Leibes Wonnen, dem ist der Mond verlöscht und Himmelswelt und Sonnen!
  • Stop the Traffik!
    Um das Thema Prostitution noch einmal aufzugreifen. Es ist nicht alles geil, was rot leuchtet.
Ähnliche Artikel

Kommentare

Kommentare abonnieren?
Benachrichtigung
guest
3 Kommentare
älteste
neuste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen
Guldhan
Guldhan(@guldhan)
Vor 11 Jahre

In der Tat. Ich wurde assimiliert. Bin nun integriert. Denn es ist Book. Widerstand war zwecklos. Zumal nun nach und nach immer mehr Schüler auf die Idee kommen, mich als Freund hinzuzufügen zu wollen. Was mich in die Verlegenheit bringt, das Maß an Nihilismus und Zynismus, das auf früheren Plattformen meine Kommentare durchzogen hatte, auf Sparflamme zu setzen.

Stop the Traffik…für anprangernde Aktionen ist das Wesen des »Guerilla-Marketings« natürlich wie geschaffen und wird hoffentlich noch weiter ausgereizt. Denn nichts wird in den Köpfen tiefer sitzen, als die ernüchternde Erkenntnis innerhalb eines Überraschungseffektes.

Was Eure Wahl anbelangt, so warf ich gestern Abend spontan den Wahl-O-Mat an, amüsierte mich über die erscheinenden Gesichtspunkte, von denen knapp 1/3 eigentlich gar nicht zur Debatte stehen dürften, sondern klar sein sollte, und ließ mir die Partei meines Vertrauens ausspuken.
Seltsamer Weise war mein »Standardfavorit aus Prinzip« recht weit abgeschlagen. Und entweder sollte ich mir nun darüber Gedanken machen oder der Partei-Außenposten bei Euch in NRW.

shan_dark
shan_dark (@guest_20728)
Vor 11 Jahre

Der Artikel über „Prostitution im viktorianischen Zeitalter“ hat mich doch recht schockiert. Mit 12 hatte man damals schon die Volljährigkeit erreicht? Defloration und Gewalt waren „in“. Mit knapp zwanzig sind die meisten Mädels gestorben, meist an einer Geschlechts- oder Armutskrankheit. Das ist alles gerade mal 200 Jahre her. Schrecklich. Echt ein guter Artikel zur Erweiterung meines Geschichtsbildes, das auch bei Josh Wittmanns Gastbeitrag auf dem schwarzen Planeten über die West-Port-Morde angereichert wurde. Danke für beide Links.

Ob sich Guldhan integrieren lässt… ach jeder wie er will :). Facebook ist nun wiederum auch nicht der Nabel der Welt.

Stop the Traffik ist echt gelungen. Auf jeden Fall wurde auf einprägsame Weise auf das Problem aufmerksam gemacht.

Bei „Dark Shadows“ vermittelt mir der Trailer zu viel überzogenen Klamauk, als dass er für mich in Frage kommt. Hat aber wohl was mit Alter und Geschmack zu tun, vermute ich :).

Irmin
Irmin (@guest_20757)
Vor 11 Jahre

Ich schließe mich dem Dank für die beiden Links zu den Artikel über das Leben (und Sterben) im 19. Jahrhundert an.

Bei der Prostitution im viktorianischen Zeitalter ist die Frage, wie weit verbreitet einige der abscheulicheren der beschriebenen Praktiken waren. Es ist ja nicht so, dass es solche Dinge heute nicht mehr gäbe (und auch mit zumindest vermuteten Verbindungen in die „höhere Gesellschaft“, ich erinnere nur mal an Dutroux), der Regelfall sind sie aber zumindest hierzulande glücklicherweise nicht – was nicht heißt, dass nicht jeder Fall einer zu viel ist. Allerdings lässt der Artikel zumindest darauf schließen, dass Kinderprostitution und Gewalt nicht ganz unüblich waren.
Interessant fand ich, was nur einem Nebensatz erwähnt wurde, nämlich, dass „erst“ 1886 Homosexualität verboten wurde – bzw. es wundert mich, dass sie früher erlaubt war. Und dann hat man für einen Fortschritt wieder 100 Jahre gebraucht…

Der Artikel über die West-Port-Morde ist in der Tat richtig gut. Wie schnell aus einer mehr oder minder fixen Idee, Schulden nach dem Tod einzutreiben, so etwas erwachsen kann… erschreckend.

Die Telepolis-Kritik zu „Dark Shadows“ ist die erste wirklich positive, die ich gelesen habe. Vielleicht sollte ich mir doch mal eine eigene Meinung bilden. Andererseits weiß man in Grundzügen ja schon, was einen bei einem Burton-Film mit Johnny Depp zu erwarten hat – was nicht heißt, dass die Filme schlecht sind, aber Herr Depp darf eben doch immer wieder den einen Charakter spielen, ob er nun Edward oder Willy Wonka heißt (dass das sogar in letzterem Beispiel funktioniert, hat mich schon überrascht).

Ach ja, und Facebook… bisher konnte ich zum Glück widerstehen, mich da anzumelden und ich hoffe, dass das auch so bleibt. Dabei habe ich nicht einmal prinzipiell etwas gegen soziale Netzwerke, durch Facebook und deren Mitbewerber wird aber einer der für mich wichtigsten Vorzüge des Internet untergraben, nämlich, dass man Meinungen und Beiträge auch anonym (oder wie hier pseudonym) verfassen kann. Twitter wäre ich daher auch nicht abgeneigt, sähe ich einen Sinn darin, meine Ansichten in 140 Zeichen zu quetschen. Darum bleibt Last.fm wohl das einzige soziale Netzwerk, das ich nutze… ;-)

WGT 2024

Alle Informationen und Artikel über das 31. Wave-Gotik-Treffen 2024

Diskussion

Entdecken

Friedhöfe

Umfangreiche Galerien historischer Ruhestätten aus aller Welt

Dunkeltanz

Schwarze Clubs und Gothic-Partys nach Postleitzahlen sortiert

Gothic Friday

Leser schrieben 2011 und 2016 in jedem Monat zu einem anderen Thema