10 Thesen über das Gothic-Dasein

Es war einmal. Vor rund 500 Jahren nagelte ein rebellischer Theologe ein paar Zettel an eine wehrlose Tür im beschaulichen Wittenberg und präsentierte seine 95 Thesen, mit denen er die christliche Kirche reformieren sollte. Jedenfalls hat er es versucht. Martin Luther sorgte mit seinem Wunsch nach Veränderung für eine neue Form des christlichen Glaubens, nicht für eine Veränderung der Kirche. Ganz so große Ansprüche habe ich nicht. Ich möchte jedoch etwas fortführen, was in unzähligen Beiträgen und Kommentaren schon seit gefühlten Ewigkeiten diskutiert wird. Das Beispiel Luthers ist nur Sinnbild für einen Veränderungsprozess, der in den Köpfen vieler Menschen stattfinden muss. Es braucht Zeit, bis Gewohnheiten, Rituale und gefühlte Sicherheiten aufgebrochen werden können und meist ist das ein schleichender Prozess, der von vielen nicht wahrgenommen wird. Doch was hat das mit „Gothic“ zu tun?

Vor einiger Zeit titelte Sabrina in einem Artikel „Gothic – Kein Ziel und keine Richtung?“ und sorgte damit  für die erneute Diskussion der Fragen, was Gothic nun ist und ob wir uns nicht über gemeinsame Ziele und Sichtweisen definieren sollten. Es gibt kein abschließendes Fazit, kein Ergebnis, keine Handlungsanweisung, nur eine Reihe von vagen Wünschen und Vorstellungen, wie man eine Szene, die einen wichtigen Teil des Lebens eingenommen hat, verändern, gestalten oder gar reformieren könnte. Ich möchte an dieser Stelle zehn Thesen aufstellen, wie Gothic ist, war und sein kann. Zehn nicht recherchierte Behauptungen, die sich zusammenhanglos zwischen Oberflächlichkeit und Tiefgang bewegen. Zehnmal die Möglichkeit, beizupflichten, nachzudenken und umzusetzen. Zehnmal die Möglichkeit, mich zu verurteilen, anderer Meinung zu sein oder zu meckern.

  1. Der Einstieg ist gefühlte Musik und findet geistig und emotional statt, alles andere ist mitlaufen. 
    Wir fühlen uns unverstanden, nicht akzeptiert und verstehen die Anderen nicht. Wir wollen nicht mitschwimmen und auch nicht gegen den Strom ankämpfen und isolieren uns im tagtäglichen Kampf. Die Musik ist die Grundlage unserer Szene, sie berührt, beeinflusst und inspiriert uns. Wir nehmen Musik nicht nur als Unterhaltung wahr, sondern als emotionalen und inhaltlichen Katalysator. Musik, die düster oder sphärisch klingt, verstärkt unser Gefühl der Isolation, ein Gefühl der Fremdkörper in einer Außenwelt zu sein. Musik ist Ausdruck unseres Lebensgefühls, man „tanzt“ um sich in eine andere Welt fallen zu lassen. Texte transportieren oftmals eine Botschaft und erzählen uns von gesellschaftlichen und menschlichen Problemen, die uns darin bestärken, anders zu sein.  Sie bestätigen uns, in unserer eigenen Welt leben zu wollen.
  2. Wir möchten allein sein, aber nicht einsam bleiben.
    Wie alle anderen Menschen streben auch wir nach Gesellschaft, jedoch nicht nach einem „Gemeinschaftsgefühl“, wir umgeben uns gerne mit Gleichgesinnten ohne dabei unsere Individualität einzubüßen. Wir möchten uns mit Menschen austauschen, die einen ähnlichen Zugang zur Musik oder Kultur haben wie wir selbst. Wir sind auf der Suche nach Anerkennung für unsere Gedanken von Menschen, mit denen man seine eigene Andersartigkeit teilt. Auch ästhetische Anerkennung ist uns wichtig, wir wollen dazugehören und unsere Andersartigkeit ein Erkennungsmerkmal geben.
  3. Schwarze Kleidung ist Gleichstellungsmerkmal und Wohlfühlfaktor.
    Unsere schwarzen Klamotten sind die visuelle Umsetzung des Gedanken „Lasst mich in Ruhe!“ Unser Outfit soll edel, unnahbar und arrogant wirken. Wir möchten unserem Gefühl, nicht dazuzugehören einen äußerlichen Ausdruck verleihen. Allein die Farbe ist als Dresscode anzusehen, der Stil ist eine Patchworkkultur aus dem, was im Laufe der Jahre den äußerlichen Anschein „edel, unnahbar und arrogant“ ausdrückte. Damit steht unser Äußeres im direkten Gegensatz zu unserem Innersten, denn wir sind aufgeschlossen, neugierig und wissbegierig. Entstehende Provokationen werden hingenommen. Gewolltes provozieren mit Symbolen oder Kleidung ist nicht Teil unserer Kultur, sie steht im logischen Widerspruch zum Gedanken „Lasst mich in Ruhe!“ Der Gothic möchte sich in seiner Welt so kleiden, wie er sich wohlfühlt. Selbstdarstellung (Punkt 10) gehört dazu.
  4. Gothic ist nicht auf Konfrontation oder bewusste Provokation aus.
    Im Gegensatz zur Punk-Kultur streben wir keine Reformation des Systems an. Wir nehmen daran teil und schaffen uns auf dieser existenziellen Basis eine alternative Sicht- und Lebensweise. Die meisten Szene-Anhänger gehen einer geregelten Arbeit nach, die ihre eigene Existenz sichert und das Szene-Dasein überhaupt erst ermöglicht, denn Gothic ist eine teure Subkultur. Kleidung, Selbstdarstellung, Musik, Festivals, kostspielige Unterkünfte, lange Reisen und die Teilhabe an Kunst und Kultur hat ihren Preis. Wir wollen kein Gegenentwurf zur klassischen Gesellschaft sein, sondern nur die gelebte Andersartigkeit aus der bürgerlichen Mitte. Wenn der Gothic provoziert, ist das eine unbewusste oder passive Handlung. Die äußere Erscheinung folgt keiner politischen oder sonstig einnehmbaren Ideologie
  5. Gothic ist Resignation und Rückzug
    Es ist die Einsicht, seine Welt nicht ändern zu können und sich in seine eigene Welt zurückzuziehen. Unangenehme Zustände werden nicht durch offene Konflikte gelöst, sondern durch Rückzug. Nehmen wir das WGT als Beispiel: War der Anteil der „Gothics“ auf dem AGRA-Gelände 2000 bei gefühlten 60%, so ist dieser heute auf 10% gefallen, weil immer mehr Splittergruppen, Subszenen und Profilneurotiker die AGRA zu ihrer Flaniermeile gemacht haben. Die Gothics sind aber nicht weniger geworden, sondern nur auf andere Veranstaltungsorte in der Stadt verteilt. So ist der Anteil der Gothics, die sich beispielsweise im Park vor der Parkbühne treffen, deutlich gestiegen. Wir resignieren nicht nur vor der Weltanschauung der Gesellschaft, sondern auch vor Veränderungen in unserem Umfeld. Wir wehren uns nicht, wir gehen einfach weg.
  6. Die Szene schafft sich immer neue Parallelwelten.
    Die Szene hat 30 Jahre überlebt, weil sich im ständigen Fluss an die Gegebenheiten anpasst. Ein pulsierender und kreativer Kern zieht sich immer wieder heraus und definiert sich neu. Gemeinsamkeiten liegen nicht in der gleichen Musik, den gleichen Orten oder den gleichen Leidenschaften sondern in gemeinsamen Gedanken, Gefühlen und Empfindungen. Droht diese Parallelwelt durch einen Einfluss von außen zu zerbrechen, greift das Prinzip des Rückzugs (siehe 5.). Es ist nicht das Ziel die vielen „unpassenden“ Einflüsse aus den geschaffenen Schutzräumen zu entfernen und durch eine gelebte Intoleranz sein Refugium zu schützen, sondern man verlässt die gewohnte Umgebung und erschafft sich neue Schutzräume. Das „Partyprinzip“ macht Schule und steht sinnbildlich für diese Entwicklung. Einzelne Veranstaltungen  die in der musikalischen Auswahl gewollt klein gehalten werden und Festivals, die nicht die Interessen vieler, sondern einzelner kleiner Gruppen verfolgen.
  7. Inhalte füllen ein langes Szene-Leben, Kunst und Kultur den schwarzen Geist.
    Ist der Einstieg stets musikalisch, emotional (siehe Punkt 1) und mehr „gefühlt“ als bewusst, so ist die Entscheidung, mit der Szene zu wachsen immer mit der Suche nach Inhalten behaftet. Oftmals nehmen Einsteiger die düstere Musik sehr subtil wahr ohne sich auf die Texte zu konzentrieren. Eine Beschäftigung mit gesellschaftkritischen, romantischen, morbiden und verträumten Texten sorgt nicht für Rebellion gegen das Bestehende System (siehe Punkt 4) sondern für den Wunsch eine eigene Welt zu formen. Man „verschwendet“ seine Energie nicht mit mehr damit sich den gesellschaftlichen Problemen zu stellen, sondern dazu, die eigene Welt mit Inhalten zu füllen. Dabei überschreitet man ganz bewusst die klassischen Interessen und bewegt sich in den Randbereichen. Gemeinst ist die Beschäftigung mit Okkultismus, Mystik, Esotherik, Religionen, Hexen, Horror, Astronomie, Astrologie und den „Tabu-Themen“ der Gesellschaft.
  8. Planet Gothic – Ein kreativer und höflicher Ort mit herrlicher Langsamkeit
    Was früher aus der Not heraus entstand, ist heute die Reaktion auf die Tatsache, das „Gothic“ als Konsumgut entdeckt wurde. Wir machen selber. Wir schneidern unsere Klamotten, gestalten unser Outfit, kombinieren, verzieren und schmücke was wir haben. Wir dekorieren die Welt, wie sie uns gefällt und immer anders, als sonst wo. Wir schreiben Texte, dichten Gedichte, zeichnen und malen. Im Gegensatz zu unserem Äußeren sind wir im innerlichen äußerst farbenfroh und facettenreich. Wir entschleunigen unsere Parallelwelt und leben die Langsamkeit. Es wird nicht gedrängelt und nicht geschubst. Ist der Bus zu voll, warten wir auf den nächsten oder gehen zu Fuß. Lange Schlangen ertragen wir geduldig. Wir räumen unseren Dreck weg, lieben das Leben und unsere Umwelt. Auf dem Planeten Gothic hat Aggression, Gewalt, Neid und Egoismus keinen Platz. So richtig rund läuft die Sache jedoch noch nicht, schließlich sind wir auch nur Menschen.
  9. Gothic ist keine reine Spaßkultur!
    Niemand geht zum lachen in den Keller und auch Gothics feiern gerne. Doch während viele Menschen dazu neigen, ihren Alltag, die Welt, ihre Probleme und Sorgen durch exzessiven Feiern zu verdrängen oder zu vergessen, stellt sich der Gothic ganz bewusst der Reflektion. Gedanken ersetzten das Feiern, Alkohol wird als Genussmittel verwendet, nicht als Rauschmittel. Gothic ist nicht saufen.  Schwarze Gestalten, die sie schon um 11:00 am Morgen auf dem Zeltplatz des Gothic-Festivals ein Bier an den Hals setzten, haben Gothic nie als Kultur verstanden, sondern nur als alternatives Feierprogramm zum bunten Alltag.
  10. Selbstdarstellung ist unser Leben
    Wir sind leidenschaftliche Selbstdarsteller, nur die Form des Ausdrucks schwankt. Wir inszenieren unseren Körper als Kunstwerk und unsere Kleidung als Teil der Gedankenwelt. Gesellschaftliche Konventionen werden äußerlich bewusst aufgebrochen, Geschlechterrollen verwischt, tabuisierte Kleidungsstile gelebt. Stundenlang stehen wir vor dem Spiegel, formen unsere Haare oder geben unserem Gesicht eine Geschichte. Alternativ profilieren wir uns durch Wissen, Phantasie, Kreativität oder Organisation. Im Gegensatz zu dem, was wir darstellen (oder was uns angedichtet wird), zelebrieren wir das Leben und uns Selbst. Doch wir bleiben Individualisten. Ordnet uns jemand ein, streiten wir ab dazuzugehören. Jeder von uns ist immer etwas mehr anders als der Andere.
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Ian von Nierenstein
Ian von Nierenstein (@guest_34993)
Vor 11 Jahre

Ich stimme so gut wie jeder These zu. Aber eine klitzekleine Sache würde ich jetzt mal kritisieren: Gothic ist nicht saufen. Ok, das kann ich pauschal nachvollziehen. Aber es hängt von der Person ab. Wenn die jetzt säuft ist das unabhängig ob sie Goth ist oder irgendwas anderes. Klar, ich neige auch, solche Gestalten auf Festivals zu meiden. Dennoch, glaube ich nicht, dass es einen mehr oder weniger Goth sein lässt, wenn man ab und an über den Durst trinkt. Ich will das ganze natürlich auch nicht schönreden. Trotzdem… Das ist eine menschliche Schwäche. Goths sind auch nicht perfekte Menschen. Aber schönere :D

Aber ansonsten, Hut ab.

Kara Ben Nemsi
Kara Ben Nemsi (@guest_34994)
Vor 11 Jahre

unterschreibe ich in allen Punkten.

Dodo
Dodo (@guest_34998)
Vor 11 Jahre

Ich unterschreibe ebenso.

An die Türen damit!

Katrin
Katrin (@guest_35002)
Vor 11 Jahre

Chapeau! :-) Ich unterschreibe auch.

Scyllarus
Scyllarus (@guest_35006)
Vor 11 Jahre

Wunderbar zusammengefaßt! Ich finde einfach nichts zum Widersprechen.

sba
sba (@guest_35023)
Vor 11 Jahre

Nach soviel Pauschalzustimmung mach ich denk ich mal den advocatus ravaioli:

ad 1: Stimme zu. Hat sich bei mir in 14…Mist: 16 Jahren nicht viel geändert.

ad 2: Weiß nicht. Wo ist der Unterschied zwischen allein sein und einsam sein? Würde der Performanz nach schätzen, dass „Einsamkeit“ bloß negativ empfundenes Allein sein ist. Und wie viel Gesellschaft man braucht oder abkann, und wie viel Alleinsein unangenehm ist, hängt wieder von jedem selbst ab. Also Gothics in dem Punkt (auch nur) ganz normale Menschen, denen manchmal die Decke auf den Kopf fällt, und die manchmal einen Lagerkoller kriegen?

ad 3: Stimme halb zu. Zum einen ist meine Aufgeschlossenheit zeitlich und persönlich begrenzt (manchmal muss man einfach jemanden rausschmeißen, wenn der sich nicht benehmen kann). Zum anderen sehe ich keinen notwendigen Widerspruch zwischen „lasst mich in Ruhe“ und Provokation: Die Brücke könnte man „Abschreckung“ nennen: Bestimmtes Äußeres wird bestimmte Charaktere davon abhalten, einen azusprechen, a.k.a.: zu nerven. Andererseits: Steht dies nicht im Widerspruch zur Aufgeschlossenheit?

ad 4: Der Unterbauanteil ist vernünftige Normalität: Für eine bestimmte Lebensweise muss man erstmal leben. Ansonsten Anfrage: Welchen Ideologiebegriff bringst Du hier in Anschlag?

ad 5: Jedes Handeln ist ein manifester Konflikt zwischen dem eigenen Willen und der Wirklichkeit und zielt darauf ab, die Wirklichkeit dem Willen anzupassen. Ist allerdings nur meine Ansicht und es gibt sehr viele Varianten, die angestrebte Wirklichkeit zu erreichen. Und solange es genug Freiräume gibt, ist Rückzug einfacher als Stellung. Auch wenn ich finde, dass manche Stellungen nicht aufgegeben werden sollten. Welche das sind, muss man wieder mit sich selber ausmachen.

ad 6: Ist eigentlich „nur“ eine Anwendung von These 5, oder?

ad 7: Stimme zu.

ad 8: Stimme zu, außer zum Thema Egoismus. Aber das Wort ist mehrdeutig. Ich bin bewusster Egoist, muss aber immer hinterher werfen, dass das, was landläufig als „Egoismus“ bezeichnet wird, von mir unzweideutig als Idiotie abgekanzelt wird. Sich um seinen eigenen Kram zu kümmern, ist m.E. nichts schlechtes. Und Höflichkeit, Tolleranz und Gewaltfreiheit liegen immer im eigenen Interesse, so sehr, wie sie das mitmenschliche Leben erleichtern.

ad 9: Stimme zu. Wobei 11am auf einem Festival schon ziemlich hoch am Tag ist und sich langsam die Frage „Kaffee oder Vino?“ stellt ;-). Nagut. Bei sowas mutiere ich auch zum Frühaufsteher.

ad 10: Joa, stimmt so. Wobei auch das im Allgemeinen recht „normal“ sein dürfte.

________________________
Danke für die Thesen und Anregungen. Bin gespannt auf etwaige Reaktionen.

kleine Eule
kleine Eule (@guest_35030)
Vor 11 Jahre

*unterschreib*

Schön zusammengefasst :)

Obgleich man sich trotzdem manchmal in den vollen Bus zwängen muss wenn man zur Arbeit muss ;) :D

kleine Eule
kleine Eule (@guest_35032)
Vor 11 Jahre

Ich möchte noch etwas hinzufügen…

….den Satz „Wir wollen kein Gegenentwurf zur klassischen Gesellschaft sein, sondern nur die gelebte Andersartigkeit aus der bürgerlichen Mitte.“ würde ich nicht in dieser Form zustimmen wollen. Wenn ich mir die bürgerliche Mitte so anschaue………hust………..klares NEIN. Integrieren in der bestehenden Gesellschaft – ja ok. Aber ich würde es irgendwo trotzdem auf eine Art und Weise als eine Art „Gegenkultur“ in Form einer Alternative sehen. Eben weil man die negativen Seiten nicht ausklammert. Weil man akzeptiert und bestätigt, dass es positive UND negative Seiten gibt die jedem zuteil werden…..nicht die schöne heile Glitzerwelt leben. Nein. Die Welt ist nicht immer schön, manchmal ist sie auch grausam. Und wenn sie das mal ist, sollte man offen darüber reden können. Und das kann die „bürgerliche Mitte“ m. E. nach zu einem großen Teil leider nicht. Daher bürgerliche Mitte – nein. Wir sehen anders aus, wir denken anders, wir haben ein anderes ästhetisches Empfinden, wir sind anders. Integriert – ja. Aber ein Teil davon? Nein.

Death Disco
Death Disco (@guest_35035)
Vor 11 Jahre

Schwarze sind gewinnfixiert. Wenn jemand bei eBay Porto-Abzocke betreibt, dann Leute aus der Schwarzen Szene. Und da macht es keinen Unterschied, ob es ein Szeneveteran oder ein Neuling ist. In den letzten Monaten bin ich schon öfters mit diversen Verkäufern aneinandergeraten, weil sie a.) bewusst Artikel falsch anbieten und b.) unverschämt hohes Porto verlangen, während die Ware anschließend für einsfuffzig im Briefkasten liegt. Nirgendwo anders fällt mir das so (negativ) auf. Von Idealismus und Fairness-Empfinden keine Spur.

Flauers
Flauers (@guest_35037)
Vor 11 Jahre

Erst einmal, Robert, vielen Dank für deine Thesen. Ich verstehe nur nicht, warum Gothic sich immer selbst rechtfertigen muss … naja, ich habe mir trotzdem ein paar Gedanken dazu gemacht:

Zu These 1:

Jupp. Vollkommen richtig. Stimm ich zu.

Zu These 2:

Ich denke, dass viele eben doch das „Gemeinschaftsgefühl“ suchen, und sich deshalb in ein Subkultur stürzen. Denn, mal ehrlich, wo sonst begegnet einem denn noch ein gewisses Gemeinschaftsgefühl?

Zu These 3:

Prinzipiell ja, aber vorallem der Punk-Einfluss (der ganz enorm ist/war) hat nichts „Edeles“. Selbst das Wavige ist für mich eher schlabber-hippie-androgyn, als vornehm. Lediglich die viktorianisch angehauchten Kleider und die neuromantischen Stile wirken erhaben. Beide ja aber nicht unbedingt der Kern der Gothicszene.

Zu These 4:

Prinzipiell richtig. Aber auch hier eine kleine Anmerkung: Die Provokation hat, vorallem im Jugendalter, denke ich, doch einen großen Einfluss auf Aussehen, Symbolik und Musik. Die Faszination kommt durch den Schockfaktor erst zu Stande. In späteren Jahren, insofern man dann noch Szeneanhänger ist, setzt es sich und nimmt den Provokationsfaktor hinaus, ersetzt durch einen Bequemlichkeits- und alltagstauglichen Faktor.

Zu These 5:

Gothics sind also die armen Würstchen, die sich überall vertreiben lassen?
Stimme ich zu. Und sie meckern, jammern, heulen dabei besonders gern.
Warum die nicht was dagegen tun, hab ich nie verstanden. Da spricht wohl der Punk aus mir.

Zu These 6:

Klingt für mich nach: Okay, sobald ihr mal wieder zu groß seid, spaltet sich der „Kern“ (für die anderen, die den „Rand“ bilden, werdet ihr eher der „Rand“ sein) ab und fangt wieder von vorne an.
Jupp. Passt ebenfalls.

Zu These 7:

Auch hier meine Zustimmung. Wem die Musik irgendwann zu langweilig wird, weil er seit neustem Metalcore, Dubstep und Co. entdeckt hat, dem bleibt nur eine Wahl: Die Szeneangehörigkeit mit neuen Inhalten (also anderen Kunstformen z.B.) zu füllen, oder auszusteigen. Ersteres schaffen erschreckend wenige.

Zu These 8:

Prinzipiell ja. Dein letzter Satz rettet es.

Zu These 9:

Mhm, hier weiß ich ehrlich gesagt nicht, was ich dazu noch erwähnen könnte.

Zu These 10:

Auch hier eine Zustimmung meinerseits.

Prinzipiell kann ich Dir, Robert, in vielen Punkten zustimmen. Einige kleine Rempler sind da, aber wie Du selbst gesagt hast, bist auch Du nur ein Mensch :D

Der durchweg positive Charakter deines Beitrags lässt mich jedoch ein wenig ernüchtern.
Wie wäre es mit ein paar „negativen“ Eigenschaften, die Du teilweise schon angeschnitten hast („Profilieren“ fällt mir da spontan ein), die ebenso viel Potential für Diskussionen bereithalten?
Mal ehrlich, es ist doch sinnvoller seine eigenen Fehler zu suchen, zu diskutieren und zu verändern/verbessern, als sich selber schön zu reden :P

Axel
Axel (@guest_35042)
Vor 11 Jahre

Schwarze sind gewinnfixiert.

Unterschreibe ich sofort genauso! Ich habe in letzter Zeit auf Facebook mit vielen Musikern über deren Erfahrungen mit Webzines gechattet. Was da abgeht, das geht auf keine Kuhhaut mehr!

Die Songschreiberin und Organisatorin einer technisch und qualitativ hoch anspruchsvollen Opera-Metal Band, die dazu auch noch extrem hohes spielerisches Talent besitzen, beklagte sich beispielsweise über sinnlose Interviewfragebögen wo dann noch allen ernstes dazu steht „Fragen, die auf Deine Band nicht zutreffen, bitte ignorieren“ WTF? Das sind dann dieselben Idioten und Flachleuschten, die sich wiederrum aufregen wie unverschämt die Musiker doch sind, weil sie keine CDs rausschicken und das man so doch nicht vernünftig „arbeiten“ könne usw. Dabei ist es Mode geworden solche CDs dann auf eBay zu stellen und so ein paar Euro abzugreifen (Wahrscheinlich mit überteuerten Portgebühren. ;-) )

Mir wurden auch schon Anfragen seitens verschiedener Musiker zugespielt von verschiedenen Webzines, dass sie doch Interesse an der Band hätten – aber eine „Bearbeitungspauschale“ von einem mittleren zweistelligen Wert für Interview und Review fällig wäre. Und da waren echt große Webzines dabei!

Das ist derzeit der letzte Dreck, wie irgendwelche Leute, die von Tut und Blasen keine Ahnung haben, Musiker behandeln und dafür noch Kohle haben wollen!

Und dann wundern die sich, dass die Subkultur kaputt geht.
Mich wundert garnichts mehr und kann es verstehen, dass sich immer mehr und mehr ernstzunehmende Musiker, die was auf sich halten, sich allmählich von der sog. „Szene“ verabschieden. Woanders ist es auch nicht leichter, aber man wird nicht mit soviel dummdreiste Dreistigkeit konfrontiert, wie es derzeit im Gothic-Bereich üblich ist!
(Natürlich gibt es auch Ausnahmen, werden aber immer weniger und kaum noch wahrgenommen in dem Wust der Abzocker)

„Von Idealismus und Fairness-Empfinden keine Spur.“
Wie wahr! Kann man derzeit an 90% der sogenannten Szene-Journaille wunderbar festmachen.

Wintermute
Wintermute (@guest_35060)
Vor 11 Jahre

Mhhh ist sehr subjektiv… ich stimme vlt 50% zu ;) trifft vieleicht auf den typischen „Schwarzromantiker“ zu… aber naja ;) wer will das schon sein

mela
mela (@guest_35061)
Vor 11 Jahre

Ein Beitrag, der sehr zum Mit- und Nachdenken anregt.
Ich gehe mal meine Gedanken zu dem Beitrag ebenfalls der Reihe nach durch.

1. Ich bin irgendwie unglücklich mit der Formulierung des Postulats „Der Einstieg ist gefühlte Musik […]“. Zum einen nicke ich eifrig beim Lesen der Zeilen und zeitgleich rebelliert ein Teil meiner selbst. Die Grundlage der Szene ist unanfechtbar die Musik. Wir folgen keiner politischen Richtung, keiner Ideologie. Nur die Musik vereint uns – und unsere Lebenseinstellung, die zwar irgendwie nicht in Worte zu kleiden ist, aber uns dennoch vereint. Aber ist es wirklich erst die Musik, die uns zu das macht, was wir sind? Ich sehe es genau andersherum: Wir hören diese Musik, weil wir so sind, wie wir sind. Die Musik drückt das aus, was wir sowieso schon fühlten.

2. Hmmmm. Ich glaube, das kann man so nicht verallgemeinern. Zumal ich dazu neige, den Menschen hinter dem Prädikat „Gothic“ zu sehen. Und dieser Mensch hat zumeist, wie es nun einmal in der Natur des Menschens ist, durchaus eine gewisse Sehnsucht nach einem „Gemeinschaftsgefühl“. Im letzten Satz heißt es ja auch selber, man wolle dazu gehören.

3. Dem Postulat „Schwarze Kleidung ist Gleichstellungsmerkmal und Wohlfühlfaktor“ stimme ich voll und ganz zu. In bunter Kleidung fühle ich mich schlicht und einfach nicht wohl. Punkt. Aber….möchte man damit wirklich Unnahbarkeit und Arroganz ausdrücken? Für mich sind diese Adjektive negativ konnektiert. Nein, ich bezweifle, dass das so im Allgemeinen stimmt. Auch ein gewolltes Provozieren halte ich nicht für szenefremd sondern für einen immer größer werdenden Bestandteil. Ob ich diesen gut finde, das steht ja auf einem ganz anderen Blatt Papier.

4. Hier muss ich leider sagen, dass ich dem nicht zustimmen kann. Ich persönlich lebe zwar auch nach „Lasst mich in Ruhe!“, aber ich bin mir durchaus auch bewusst, dass ich provoziere und konfrontiere. Sei es auch nur mein Dresscode Schwarz, den ich zu keiner Zeit ablege. Es ist durchaus nicht der Fall, dass ich als Klischee-Grufti im schwarzen Samt-Oberteil mit viel Spitze und Walle-Walle zur Arbeit flaniere. Aber auch ein schlichter schwarzer Rock mit schwarzer Strumpfhose und schwarzem Oberteil provoziert. Das ist nicht gewollt, aber keineswegs unbewusst. Und in dieser Kombination ist es dann wohl doch ein wenig gewollt.

5. Das stimmt leider. Und da sollte sich jeder an die eigene Nase fassen und nicht wegschauen, weggehen, resignieren. Man muss seinen (szenischen) Standpunkt verteidigen. Nur den alten Zeiten nachtrauern, das bringt leider gar nichts.

6. Irgendwie kann ich diesem Punkt weder zustimmen, noch ihn abstreiten.

7. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob dies so stimmen kann. Entscheidet man sich wirklich bewusst, woran man sich interessiert? Man entscheidet sich bewusst dafür, mehr Informationen zu sammeln, sein Wissen anzuhäufen und seinen Durst darauf zu befriedigen. Aber die Entscheidung, dass es von unserem Interesse ist, die wird doch eher unbewusst getroffen. Ich entscheide ja auch nicht bewusst, dass mir z.b. Zimt schmeckt. Ich würde eher sagen, dass da eine gewisse Schnittmenge vorliegt. Jeder, der „nicht klassische“ Interessen hat, muss nicht unbedingt Gothic sein oder umgekehrt. Also im Grunde sagt das Merkmal „nicht klassische“ Interessen zu haben eigentlich nur aus, dass man nicht klassische Interessen hat.

8. Ich glaube, ich kenne kaum eine Subkultur, die auch nur halb so kreativ ist wie die schwarze. Aber in diesem Punkt wird es mir aber wie vermutlich jedem hier ergehen: ich partizipiere aber auch mit keiner anderen. Vielleicht, wenn ich über meinen Tellerrand schaue, entdecke ich, dass auch die Barbie mit ihrer Föhnfrisur und manikürten Fingern, an der sie ihre rosa Clutch spazieren trägt, ebenso kreativ ist. Vielleicht.

9. Ich bin froh, dass man auf schwarzen Veranstaltungen weniger Gefahr läuft, von jemanden volltrunken angerempelt oder angek***t zu werden. Der Focus liegt mMn auf dem Tanzen, Leute – Gleichgesinnte – treffen. Aber man trifft durchaus auch mal Leutchen, die mindestens das letzte Bier hätten lieber nicht trinken sollen. Denen zu unterstellen, sie wären eigentlich nur anwesend, weil sie dem bunten Alltag entfliehen wollen, wäre wohl sehr falsch. Denn aus diesem Grund sind wir ja eigentlich auch anwesend.

10. „Selbstdarstellung ist unser Leben“ kann sich wohl fast jeder auf die Fahne schreiben. Liegt es nicht im Wesen des Menschen, „besonders“ sein zu wollen?

Im Allgemeinen finde ich die Auflistung gut und habe oft genickt. Aber ich glaube auch, dass man durch Austausch weniger Worte dies mit – im Grunde – jeder Randgruppe, Subkultur und Anhäufung von Menschen in Einklang bringen kann.

kara ben nemsi
kara ben nemsi (@guest_35079)
Vor 11 Jahre

@axel
nichts für ungut, diese ständige moralisieren und belehren und das jedes mal völlig am thema vorbei geht mir aufn sack..

Axel
Axel (@guest_35089)
Vor 10 Jahre

nichts für ungut, diese ständige moralisieren und belehren und das jedes mal völlig am thema vorbei geht mir aufn sack..

Danke für den überaus eröffnenden Kommentar. Das Ding ist nur: Mein Beitrag geht garnicht am Thema vorbei. Death Disco hat nämlich etwas völlig richtiges angesprochen: Geldgier findet man eben auch überdurchschnittlich bei Gothics und da habe ich ein Beispiel dazu geschrieben, der sogar existenziell für die Szene ist.

Denn wir schon mehrfach an dieser Stelle diskutiert: Gothic ist in erster Linie ersteinmal eine Bewegung die sich über die Musik definiert. Sicherlich nicht nur, aber zum großen Teil.

Was passiert aber wenn völliger Kommerz die Szene regiert – ein paar wenige Labels alles aufdiktieren und alle versuchen sich sklavisch dran zu halten? Schlimmer noch: für Bands in dieser Szene, die jetzt nicht das Geld im Rücken haben sich überall durch Werbung einzukaufen, ist es – trotz Internet – extrem schwierig sich überhaupt Gehör zu verschaffen.

Das fängt erstmal damit an, dass sich Veranstalter in dieser Szene wansinnig wichtig nehmen. Da gibt es überal diese Pay2play Verträge, Veranstalter sagen: „Wenn ihr hier spielen wollt, dann nehmt hier 100 Tickets und verkauft sie“ usw. Was totaler Schwachsinn ist, denn eigentlich ist das Aufgabe der Veranstalter Tickets zu verkaufen, nicht die der Bands.

Und ich habe ja Vergleichsmöglichkeiten mit anderen Szenen. Ich sehe z.B. das in der Singer/Songwriter-Szene die Leute untereinander viel mehr und auf gleicher Augenhöhe zusammenarbeiten um eine Alternative zum Kommerz zu schaffen. Musiker mit Fanzines, diese mit freien Radios, sie gründen richtige Netzwerke im Netz und tauschen sich aus. Das ist in der Gothic-Szene hierzulande meiner Erfahrung nach so garnicht der Fall. Da wollen viele für sich bleiben – ihr eigenes Ding machen. Nur, wenn sich alles so im Sande verläuft, kann nie eine gute Alternative zum Mainstream entstehen.

Das sage ich ja nicht einfach so, dass sich viele Musiker versuchen von der Szene, aus der sie ja selber kommen, abzuwenden (ohne sich zu verraten natürlich). Weil die ja auch Augen im Kopf haben und sehen, dass es in anderen alternativen Szenen solidarischer zugeht. Das man da auch mal eher Veranstalter findet, die mit einem zusammenarbeiten anstatt nur am Geld interessiert zu sein.

Das Ding ist: es ist in Deutschland extrem was diesen Egoismus in der Szene betrifft. Das hat man in anderen Ländern garnicht. Viele Musiker, mit denen ich in den letzten Jahren so gesprochen habe, sagen mir ganz offen: „Du, Axel – die Leute hier sind einfach satt.“ Dann folgen immer Anekdoten beispielsweise bei der Pressearbeit. Fragebögen aus dem Ausland zu Interviews sind viel häufiger persönlicher und durchdachter und lange nicht so standartisiert wie hierzulande wo immer dieselben Copy & Paste Fragen genommen werden. Schau Dir doch mal die ganzen Webzines an wie uninspiriert die Interviews dort häufig sind. Wenn man dort mal die Admins fragt, warum die das so halten – „Wir wollen es uns mit den Labels nicht verscherzen“, „Die Leser haben nunmal keine Aufmerksamkeitsspanne“ usw. Die halten die Leute teilweise für komplett bescheuert. Da frage ich dann „Und warum macht ihr es eigentlich?“ – „Ganz ehrlich: wir bekommen kostenlos Musik, haben Werbeeinnahmen und können kostenlos auf Konzerte“. Das ist doch die vollkommen falsche Motivation.
Die oben erwähnte Frontfrau besagter Opera-Metal Band hatte letztens ein Review zu deren Album aus Polen bekommen. Der Typ, der das reviewt hat, hat sich erstmal ne halbe Seite lang entschuldigt, dass das solange gedauert hat, weil er sich erstmal in die Romantikgeschichte einlesen musste um über die Aspekte in der Musik der Band adiquat berichten zu können. Die Frontfrau war daraufhin total baff – sowas kennt sie hier aus Deutschland überhaupt nicht, das ssich jemand für ein einzelnes Review ersteinmal ne Packung Musik- und Kunstgeschichte gibt.

Ich habe ja über Facebook auch Kontakt zu Leuten aus Griechenland, Südamerika und eben Osteuropa. Dort haben die richtig tolle Netzwerke untereinander. Die Blogs und Webzines arbeiten häufig zusammen und vernetzen sich, Musiker werden ernst genommen und bekommen da richtige Plattformen. Dort hat man noch eine richtige Fanzinekultur. Auftrittsmöglichkeiten sind zahlreicher und besser zu bezahlen für die Musiker. Die Internetradios featuren einen usw. Dort wird versucht die heimischen Bands zu unterstützen statt sich nur passiv auf die großen Labels aus dem Ausland zu verlassen. Und das ist konträr zu Deutschland: hier ist alles passiv und richtige Initiativen findet man kaum. Man hat sich eingerichtet.

Und was hat das alles schlussendlich mit dem Thema zu tun? Ganz einfach: wenn die Leute, die heute noch mit ihren Zillos, Xtraxs, Amphis, Mera Lunas weiterziehen, nachdem sie die Gothicecke kommerziel ausgeblutet haben, wird danach ein Scherbenhaufen zurückbleiben – ähnlich wie es in den 80ern im Punk in England war. Wenn ich mit alteingessesen Musikern rede, die zu mir offen sagen, dass sie sich mit dieser Szene nicht mehr indentifizieren können, wenn Leute wie Oswald Henke auf Facebook offen sagen „Die Szene ist tot“, wenn mir ein Tilo Wolff im Interview offen und ehrlich sagt: „Ich spiele lieber vor osteuropäischen und südamerikanischen Publikum, weil dort die Menschen mit mehr Leidenschaft dabei sind“, dann ist das für mich ein sehr alamierendes Zeichen!

Und deswegen ist das auch existenziell Themenkompatibel wenn es ums „Gothic-Dasein“ geht. Für mich gehört zu meinem perönlichen „Gothic-Dasein“ eben nicht nur passiv zu konsumieren, sondern versuchen etwas zu ändern. Etwas zu bewahren! Ich habe die Befüchtung: wenn der ganze Kommerzkarawan in ein paar Jahren weiterzieht, wenn die Massen an „Goths“ etwas Neues gefunen haben, mit den sie sich beschäftigen können, dann wird man offen sehen, wieviel hier an Strukturen kaputtgemacht wurde.

Wie gesagt: Gothic ist eine Bewegung die sich um die Musik anlagert.
Deswegen ist es auch so wichtig solche Strukturen versuchen zu bewahren.

Ist das moralisierend? Ja, natürlich! Denn ich habe gewisse Moralvorstellungen, die ich lebe und die ich lautstark vertrete!

Kara Ben Nemsi
Kara Ben Nemsi (@guest_35092)
Vor 10 Jahre

Lieber Axel

Thema: 10 Thesen über das Gothic-Dasein!!!

Vorschlag: mache doch einen Text, zu dem „Kommerzding“ und stelle ihn hier im Blog zur Diskussion (Roberts Einverständnis vorausgesetzt).

Dort kann man dann wenn man möchte(!) die Marktwirtschaft kritisieren und vielleicht auch ein alles regelnde, gleichmachende und dadurch auch gerechteres System herbei fabulieren.

Ma’a as-salama Kara

kleine Eule
kleine Eule (@guest_35094)
Vor 10 Jahre

@Robert:
Das ist wieder ein ganzes Thema für sich über das ich BÄNDE schreiben könnte….*lach*
Aber es ist richtig, viele passen sich zwangsweise an. Obgleich es natürlich auch der Höflichkeit entspricht eine gewisse Zurückhaltung zu üben und nicht z.B. mit einem Reaper-T-Shirt auf der Palliativ-Station im Altenheim zu arbeiten (überzogen gesagt).

Karnstein
Karnstein(@karnstein)
Vor 10 Jahre

Herrlich… das erste mal seit Ewigkeiten, dass ich mich hinsetze und auf dem Bildschirm einen langen Text vor mir habe – keine Bilder, keine Ablenkungen, einfach purer Inhalt – und ich einfach nicht aufhören kann zu lesen. Als hätte ich selbst beim Lesen die von dir beschriebene Langsamkeit endlich wieder ein bisschen zurückerobert.
Fast vollständige Zustimmung übrigens, aber das überrascht sicherlich nicht. Einzig Punkt 5 brachte mich anfangs zum leichten Kopfschütteln, dass sich aber im Laufe des Lesens doch in ein Nicken verwandelte. „Wir wehren uns nicht, wir gehen einfach weg.“ – Amen :)

Irmin
Irmin (@guest_36213)
Vor 10 Jahre

Ich möchte dann auch noch was zu deinen Thesen sagen – mehr aus persönlicher Sicht, inwieweit ich die Thesen „beherzige“ und nicht mit dem Hintergedanken, inwieweit sie sich als Thesen für eine Subkultur eignen oder nicht.

Zu 1.: Volle Zustimmung. Ich habe sogar noch einen Sampler in meiner Sammlung aus meiner Kindheit (na gut, da war ich 12) entdeckt, da wusste ich nicht mal, was „Gothic“ sein soll. Gut, Puristen würde das dort Versammelte wohl kaum zufrieden stellen, aber mir gefiel es (und das meiste davon gefällt mir heute noch).

Zu 2.: Ebenfalls volle Zustimmung. Es gibt nichts Schöneres als Abendspaziergänge in Gegenden, wo sonst keiner ist. Gesellschaft suche ich, wenn mir danach ist und wann immer jemand von einem „Gemeinschaftsgefühl“ redet, finde ich das eher abstoßend. Das ergibt sich entweder von selbst (und ist dann auch nichts Negatives) oder eben nicht, aber „Gemeinschaftsgefühl“ klingt ein bisschen… aufgezwungen. Wenn man Einsamkeit als „negatives Alleinsein“ definiert, stimme ich auch dem zu.

Zu 3.: Eine halbe Zustimmung. Ich kleide mich meistens eher unauffällig und biete nur dem Eingeweihten ein paar Hinweise hinsichtlich gewisser musikalischer Vorlieben. Und auch das nicht immer. Schwarz ja, aber da hört es dann auch schnell auf. Wenn man Band-T-Shirts als „Selbstdarstellung“ bezeichnet, okay, meinetwegen auch das ;-)

Zu 4.: Ebenfalls eine halbe Zustimmung. Ja, ich bin wohl „Teil des Systems“, aber das heißt ja nicht, dass ich das alles klaglos oder durch Ausweichverhalten (siehe 5) hinnehmen muss. Ich persönlich bin schon auf Konfrontation und Provokation aus – nicht in allen Lebenslagen und auch nicht im Regelfall, aber von mal zu mal tut das doch ganz gut. Dass ich in politischen Diskussionen schon in fast jede denkbare Ecke gestellt wurde, sehe ich als Kompliment an. Und irgendwie hilft es auch, sich selbst ein bisschen, nun ja, unnahbarer zu machen, wenn ich meine Ansichten nicht gerade ungeschminkt vortrage. Nee, ich hatte mit Punk zwar nie etwas zu tun, dafür stehe ich dann aber doch zu sehr für meine Vorstellungen von der Welt ein, als dass ich diesen Punkt vorbehaltlos für mich übernehmen würde ;-)

Zu 5.: Ähnlich wie 4. Manchmal bin ich kurz davor, vor der Welt zu resignieren, aber den Gefallen tue ich ihr nicht! Ich leide auch nicht an maßloser Selbstüberschätzung, aber es hilft, das so zu sehen.

Zu 6.: Ja, wenn man nicht vom Mainstream verschluckt werden will, muss man in Bewegung bleiben. Ob man das als Rückzug ansieht, ist wohl Geschmackssache. Eigentlich nicht, denn, mal rein auf die Musik bezogen: Was mir gefällt, höre ich. Das kann genauso gut ein ziemlich obskures Dark-Ambient-Projekt als auch Rammstein sein.

Zu 7.: Ich weiß nicht, ob ich da für mich so eine Reihenfolge reinbringen kann. Zumal ich auch gar nicht wüsste, an welchen Stellen meine Interessen denn „goth“ sind. Meine Beschäftigung mit Esoterik, Religionen und anderen übernatürlichen Dingen ist hauptsächlich dergestalt, dass ich sie ablehne. Astronomie da mit reinzubringen, ist gemein, da steckt schließlich viel hinter ;-) Ich denke, wenn man es ernst mit dem in Punkt 1 Genannten meint, ergibt sich Punkt 7 fast von selbst. Zumindest häufig.

Zu 8.: Gut, ich bin ja der Meinung, dass das eher unter „Vernünftige Handlungsanweisungen für Jedermann“ fällt. Und Goths sind auch nicht unbedingt aufgrund ihres Musikgeschmacks bessere Menschen ;-) Da kommt wohl dein letzter Satz zum Tragen.

Zu 9.: Nun, ich möchte ja, wie schon erwähnt, nicht festlegen, wer als Gothic durchgehen kann und wer nicht. Aber dass das von dir genannte Verhalten auf dem WGT weniger häufig anzutreffen ist als etwa bei nem Festival wie Wacken, war auch einer der Gründe, das eine zu besuchen und das andere zu meiden. Selbst, wenn ich rein musikalisch wohl bei beidem gut versorgt wäre. Ich trinke auch Alkohol, aber dann ist der Weg das Ziel, sozusagen. Für mich ist das ein Genussmittel.

Zu 10.: Eigentlich wollte ich hier erst schreiben „Moment, ich kleide mich doch unauffällig, also trifft das doch gar nicht zu!“ Aber wenn ich weiterlese, denke ich mir: Doch doch, das trifft schon zu. Wenn auch nicht bezogen auf „Äußerlichkeiten“, in diesem Fall.

mauerunkraut
mauerunkraut (@guest_36295)
Vor 10 Jahre

Die Dinge die du beschreibst, sind genau das, was ich in der Szene ursprünglich gesucht habe. Leider bin ich zu einem Zeitpunkt in die Szene geschlittert, als sich der Kommerzialisierung gerade ziemlich breit gemacht hat. Und momentan suche ich wieder genau danach, nach Leuten mit denen ich auf der selben Wellenlänge bin, aber die finde ich seltsamerweise nicht in der Szene, die zumindest in meiner Umgebung.

Melle Noire
Melle Noire (@guest_36335)
Vor 10 Jahre

Hi !

Ich möchte nun auch mal meinen Senf zu Deinen
Thesen hier abgeben. ;)

—–

Zu These 1 :
Stimme größtenteils zu.

Zu These 2 :
Auch hier kann ich weitgehend zustimmen.

Zu These 3 :
Ich ziehe meine schwarze Kleidung eigentlich nicht mit der Botschaft „Laßt mich in Ruhe“ an. Ich trage sie, weil ich mich darin wohl fühle, weil sie inzwischen schlichtweg zu mir gehört. Auch bin ich kein Mensch, der unnahbar oder gar arrogant wirken möchte. Außer an „Posertagen“. ;) LOL – und manchmal provoziere ich durchaus recht gern mit meiner Kleidung / mit meinem Schmuck ( vor allem im Sommer ! :D ). Und mal ganz ehrlich : In Ruhe gelassen wird man gerade als Schwarzkittel eher weniger, da man doch ziemlich auffällt unter all den Normalos ( auch wenn manche gebührenden Abstand wahren ). Wenn ich mit jemandem unterwegs bin, der nicht aus der Szene kommt, dann höre ich hinterher oft : Woha, die und die haben Dich vielleicht angestarrt und die da haben getuschelt USW. Mir persönlich fällt all das, wenn ich alleine unterwegs bin, kaum noch auf. Ich habe mich in all den Jahren dran gewöhnt.
Aber ich bringe Außenstehenden das Thema Gothic
auch gerne näher, wenn ich danach gefragt werde.

Zu These 4 :
Stimme teilweise zu. Ich finde zB nicht, daß die schwarze Lebensweise unbedingt teuer sein muß, ganz im Gegenteil ! Bleibt man mit einer bislang intakten Strumpfhose irgendwo hängen, dann macht man sich noch ein paar Löcher zusätzlich rein und trägt sie weiterhin fröhlich am Bein. ;) Meinen Mantel, den ich seit 1998 etwa besitze, habe ich derweil schon x Mal flicken lassen, das Ding hat inzwischen richtig Charakter ( und warum sich einen neuen kaufen, wenn der alte doch eigentlich noch wunderbar tut ? ). Zerschlissene Oberteile ? Eignen sich unter Umständen noch für trashige Outfits. ;) Ich empfinde es als sehr wohltuend, daß innerhalb der Szene nicht immer alles so wahnsinnig schnieke daherkommen muß. Natürlich kann man für schwarze Klamotten auch richtig viel Geld ausgeben, wenn man will. Es ist aber kein MUSS. Und für meine Alltagsgarderobe bediene ich mich schon seit jeher bei H&M, Orsay, Pimkie, C&A usw – ja, ich kaufe sogar Pullis im ALDI ! Die Hauptsache ist, daß das jeweilige Kleidungsstück zu meinem persönlichen Stil und zu meinem restlichen Textilbestand paßt.

Zu These 5 :
Jein. Sicher lebe ich ein Stück weit in meiner eigenen dunklen Welt und in diese ziehe ich mich auc regelmäßig zurück, gar keine Frage. Aber mit unangenehmen Dingen – gerade im privaten Bereich – setze ich mich schon auseinander. Ich gebe nicht immer klein bei sondern hinterfrage auch viele Sachen. Und manchmal läßt sich ein offener Konflikt gar nicht vermeiden, auch wenn ich nicht unbedingt darauf aus bin, mich mit irgendjemandem unnötig herumzustreiten. Ich bin überwiegend friedlich unterwegs und strebe nach Harmonie.

Bei Veranstaltungen ist das allerdings schon wieder was anderes. Wenn alle anderen woanders hinziehen, dann folgt man meines Erachtens quasi einfach dem Schwarm, die Gemeinschaft verlagert sich an einen anderen Ort, wo man dann wiederum auf mehr Gleichgesinnte trifft ( Gleich und gleich gesellt sich nunmal gern ). Ich würde das nun aber nicht als Resignation bezeichnen, überhaupt bringe ich Gothics generell nicht in erster Linie mit Resignation in Verbindung.

Zu These 6 :
Kann man so stehenlassen.

Zu These 7 :
Finde ich soweit gut, allerdings habe ich mich schon als Kind für Astronomie begeistert ( und für Naturwissenschaften überhaupt ), das hat nichts zu tun mit meiner Szeneangehörigkeit.

Zu These 8 :
Der Planet Gothic. Soso. Das ist mir persönlich viel zu positiv und kitschig umschrieben und wirkt auf mich leicht realitätsfern. Es würde evtl schon friedlicher zugehen als anderswo.
Die Szene zeichnet sich ja schon dadurch aus, daß es dort so gut wie keine Gewalt gibt, man wird nicht dumm angepöbelt usw… Das finde ich sehr sehr angenehm ! Aber ich zB habe schon einen gewissen Egoismus inne und ich warte auch nicht geduldig an jeder Schlange bis ich irgendwann mal drankomme. So viel Langmut besitze ich nicht, irgendwann reicht es mir und ich versuche irgendwie, etwas schneller an die Reihe zu kommen. Und auf den nächsten Bus warten, wenn dieser zu voll ist ? Nö. Da passe ich sicher noch irgendwo mit rein ( aber ich bin ja auch dünn *fg* ) ;) Und neidisch bin ich manchmal auch auf andere Leute ( das finde ich aber auch ganz normal, da man sich in gewissen Bereichen mit anderen mißt. Beispiel : Der Modelzirkus in der Szene, ich schiele durchaus manchmal neidisch auf den Erfolg anderer Models, wenn es bei mir gerade nicht so gut läuft und ärgere mich zuweilen grün und gelb ). Ich bin nicht durch und durch ein Gutmensch ( das wäre aber auch meiner Meinung nach irgendwie beängstigend. LOL )… ;)

Zu These 9 :
Joa, im Großen und Ganzen sehe ich das ähnlich, ich verurteile allerdings Leute nicht so sehr, die hier und da etwas zu tief ins Glas schauen – in manchen Fällen finde ich das nur tragisch, der allgemeine Alkoholkonsum in Deutschland ist auf einem bedenklichen Niveau, er ist ein ernsthaftes Gesellschaftsproblem und es gibt eine Menge Suchtkranker dadurch. Aber nur weil sich manche auf Festivals mal die Kante geben, heißt das ja nicht, daß sie im sonstigen Leben auch immer so viel saufen. Allerdings : Besoffene Leute finde ich schon abstoßend – also wenn sie so richtig breit sind, nur noch Kokolores lallen und nach Alkohol stinken. Da mache ich, wenn möglich, einen großen Bogen drum.

Zu These 10 :
Volle Zustimmung !

—–

Dunkle Grüße :)
Melle ^v^

Melle Noire
Melle Noire (@guest_36336)
Vor 10 Jahre

Achso – zum Thema schwarz und gewinnorientiert :
Bin ich persönlich auch. Allerdings erziele ich Gewinne am Monatsende hauptsächlich durch eine sparsame Lebensweise, nicht durch unverschämtes Verhalten meinen Mitmenschen gegenüber. ;)

Mir ist es aber schon sehr wichtig, am Ende jeden Monats ein gewissenes Plus auf dem Konto stehen zu haben, dafür schränke ich mich freiwillig im Alltag mehr ein als ich es eigentlich müßte und führe knallhart Haushaltsbuch.

Ian von Nierenstein
Ian von Nierenstein (@guest_37309)
Vor 10 Jahre

Melle: Seh ich genauso. Für irgendetwas muss man doch auch leben können. Und nichts ist umsonst, nicht mal der Tod, denn der kostet das Leben und für so ein Begräbnis sollte man sich heutzutage schon einen Bausparvertrag anlegen :)

Melle Noire
Melle Noire (@guest_37319)
Vor 10 Jahre

Naja, nicht jede Beerdigung kostet Unsummen, ich habe gerade eine hinter mich gebracht (mein Vater ist im November gestorben). Wir kamen da recht günstig weg, machten dabei aber natürlich auch Kompromisse. Dennoch wars für uns durchaus viel Geld (3696,35€), auch das muß man erstmal haben…

Ian von Nierenstein
Ian von Nierenstein (@guest_37338)
Vor 10 Jahre

Das ist wahr :( Ich hoffe, dass wir irgendwann den Stein für meine Oma beschaffen können. Er soll ein illustratives Motiv darauf graviert bekommen, das sie in ihren Kinderbuchillustrationen verwendet hat und für mich persönlich sehr prägend war: Ein „Tröpfel“, der aus den Wolken hinab auf die Erde kommt und dort die Welt erforscht.

Luna Nemesis
Luna Nemesis (@guest_38171)
Vor 10 Jahre

Mir fehlt der Hang zur Mystik und die Beschäftigung mit dem Okkulten bei der Beschreibung des Gothics.

Axel
Axel (@guest_38333)
Vor 10 Jahre

Mir fehlt der Hang zur Mystik und die Beschäftigung mit dem Okkulten bei der Beschreibung des Gothics.

Weil das mit „Gothic“ als solches nunmal nix zu tun hat. Ganz einfach.

Ian von Nierenstein
Ian von Nierenstein (@guest_38336)
Vor 10 Jahre

Weil das mit “Gothic” als solches nunmal nix zu tun hat. Ganz einfach.

Würde ich auch behaupten!!!! Denn diese Aktivitäten bezeichnet man als Okkultismus, Schamanismus oder Esoterik, was bekanntermaßen mit „Gothic“ nix zu tun hat ;) Das kann man auch machen, ohne „Gruftie“ zu sein.

Allerdings müssen wir unterscheiden zwischen „Gothic“ der 80er, 90er und 2000er.
Für mich ist „Gothic“ der 80er die MUSIKALISCHE Post-Punk- und Dark Wave-Bewegung, wo es schlicht um Emotionen und Gefühle ging, abgesehen von amerikanischen Death Rock-Bands wie eben halt Christian Death, was für mich aber absolut nichts mit „Gothic“ zu tun hat. Dieser okkulte und esoterische Kram ist für mich ein reines Ding der 90er. Wie viele Esoterik- und Vampirismus-Heinis gab es damals nicht alles? Heute ist „Gothic“ ein Mischung aus Partymentalität und vereinzelten Vampir-Spinnern. Aber wir müssen klar stellen: Gothic ist Musik, Kunst und Mode und kokettiert mit morbiden, gruseligen oder allgemein „düsteren“ Themen. Würde es sich mit Sonne, Love & Peace im herkömmlichen Sinne beschäftigen, wäre es wohl eine andere Subkultur. Alles andere wird von außen oder von individuellen Gedankengängen hinzugedichtet oder hineininterpretiert. Eine Tiefgründigkeit kann jeder für sich selbst hineinprojizieren, das hängt von einem selbst ab. DIY. Problem ist zudem auch noch, dass der Punk-Aspekt verloren gegangen ist, da in der „offiziellen“ Szene, wie sie der Leser von gängigen Zeitschriften erst einmal kennenlernt, kaum noch etwas davon vorzufinden ist. Hat sich alles verselbstständigt. Mir fehlt das „schwarz-bunte“ Miteinander. Was man aber in vereinzelten Splittergruppen auf Veranstaltungen wie „Zornbeatz“ glücklicherweise noch finden kann.

Kara Ben Nemsi
Kara Ben Nemsi (@guest_38615)
Vor 10 Jahre

@luna
die okkulte geschichte ist doch unter punkt 7.. drinne

vermutlich ist die beschäftigung mit okkultem auch ne regionale geschichte..
in unserer ecke (sachsen/türingen) spielte das ne wichtige rolle..bands wie fields of the nephilim, current93 usw gaben die marschrichtung vor..dann wurde sich crowley besorgt..meistens in kopie weil keiner die horrenden preise zahlen konnte.
zu noch(!) ddr zeiten musste es halt ohne okkulte literatur gehen, man kopierte zb.anrufungen aus diversen hammer-vampir filmen.. auf kassette mitgeschnitten und dann auf dem friedhof nachgemacht..
oder experimentierte mit der bibel. okkulter schmuck wurde aus zinn und blei gebastelt..

Axel
Axel (@guest_38651)
Vor 10 Jahre

Ausgerechnet Aleister Crowley? Zu dem Typen hat der unvergleichliche Paul Roland 1997 schon alles gesungen. :D

http://www.youtube.com/watch?v=rvIeFcI5dXY

Kara Ben Nemsi
Kara Ben Nemsi (@guest_38806)
Vor 10 Jahre

Paul Roland? keine Ahnung nie gehört

Crowley ist aus Goth- und Musikgeschichte nicht wegzudenken..
Bowie, Clash, Cure, Fields kann man unendlich fortsetzen

Katrin
Katrin (@guest_38848)
Vor 10 Jahre

Paul Roland? keine Ahnung nie gehört

Aber das kennst Du doch sicher, oder? :-)

Und ansonsten kann ich Dir nur beipflichten, Kara Ben Nemsi. Gerade auch im Goth Rock waren und sind diverse Bands und Musiker auf thematisch okkulten Pfaden unterwegs (Man denke nur an das geniale damalige Konzept von Garden Of Delight – sieben Alben mit jeweils sieben Songs in sieben Jahren). Und klar hatte sowas damals eine große Anziehungskraft. Wie es eben so ist, wenn man zu nem erwachsenen Menschen heranwächst. Da hockt man sich dann eben auch mal auf den Friedhof und macht Dinge, die man heute so vielleicht nicht mehr wirklich nachvollziehen kann. :)

Kara Ben Nemsi
Kara Ben Nemsi (@guest_38869)
Vor 10 Jahre

nö leider nicht, klingt aber dufte

richtig! garden of delight sind ein gutes beispiel für die deutsche spieltart des okkulten gothic rocks.. das nachfolgeprojekt merciful nuns ist auch der oberkracher.. der soundtrack zu aleister crowley.. die touren im herbst übrigens mit den fields…

Death Disco
Death Disco (@guest_38892)
Vor 10 Jahre

Paul Roland klingt so dermaßen britisch. Man hört da wirklich die unterschiedlichsten Einflüsse heraus. Beat-Musik (Mersey Beat), Psychedelic Rock, Folk, auf frühen Sachen sogar noch Post-Punk. Für viele Ohren ist das sicher gewöhnungsbedürftig. ;-)

Ein Song wie Cairo könnte sogar in ’nem ’60er Jahre Italo-Western auftauchen.

Katrin
Katrin (@guest_38904)
Vor 10 Jahre

Wobei Mr. Seth Aleister Crowley ja nie tatsächlich ernst genommen hat, da alles, was jener schrieb, letztlich Kopien und Interpretationen alter Schriften oder Überlieferungen war. Das Necronomicon nur mal zum Beispiel. „Hey, Mr. Crowley, what´s wrong in your head?“ *summ Egal… :-) Ja, gemeinsam mit den Fields im Herbst, das wird sicher sehr fein! :-)

Und ja, britischer als Paul Roland gehts kaum. Was las ich da unter nem Youtube Video? Master of Psycho Pop oder so ähnlich. Mir gefällt´s hier und da sehr, was er macht. :-)

Kara Ben Nemsi
Kara Ben Nemsi (@guest_38911)
Vor 10 Jahre

@katrin

crowley hat nichts kopiert, sein thelema prinzip war eine völlig neuschöpfung (offenbarung)
auch das necronomicon hat nix mit aleister zu tun.
das was uns heute als solches verkauft wird, ist von lovecraft inspiriert und hier und da noch paar kleine einflüsse von meister magier john dee.

die merciful nuns texte sind teilweise 1:1 wiedergaben crowleyanischer texte (liber al/ tempel of hadit)ich denke schon das man das große tier da ernst nimmmt.

die hey mr. crowley zeile kenne ich nur von black sabbath

Axel
Axel (@guest_38921)
Vor 10 Jahre

@Death: Dass Dich Pauls usik an Filme erinnert kommt nicht von ungefähr. Der Typ ist ein riesen Fan von sämtlichen B-Movies und ich kenne kaum jemanden, der sich in dem Bereich besser auskennt. Daher ist auch seine Musik davon beeinflusst. Und Du hast recht: für viele Ohren ist seine Mischung aus Goth, Psych, Beat, Folk, Garage und was da nicht noch alles drin ist definitiv nix. Wobei ich das vielgespielte „Nosferatu“ nicht mehr hören kann. Das Ding ist so dermaßen untypisch für den guten Paul!
Dann doch eher solche Songs:
http://www.youtube.com/watch?v=pu3uksCSYXM

http://www.youtube.com/watch?v=jRjN8cP7voo
http://www.youtube.com/watch?v=wDubFBNLa4o

Übrigens arbeiten Ralf Jesek und Paul Roland gerade an einem gemeinsamen Projekt. Da freue ich mich schon wie Schmidts Katze drauf. Das die beiden extrem gut harmonieren hat man ja schon auf Nevermore (Roland), Retro (In my Rosary) und dem aktuellen I-M-R Album gehört…

Zu Garden of Delight: ich denke deren Spiel mit dem Okkulten ist doch zum großen Teil Show – wie bei vielen Bands aus dem Bereich. Einfach weil es sich so gut verkauft (hat). Für mich haben viele dieser Bands mit solchen Themen keinerlei Authentizität und sind demnach einfach uninteressant für mich…

Katrin
Katrin (@guest_38924)
Vor 10 Jahre

Ich zitiere: „Crowley als Okkultist oder gar Schriftsteller interessiert mich aber eigentlich kaum. Allerdings hatte dieser Mann eine große Wirkung auf sein Umfeld und wirkt tatsächlich bis heute noch auf eine Gruppe von magisch inspirierten Menschen ein. Mich interessiert vielmehr woher ER die Themen hatte, wen und wie ER beeinflusste und durch was ER beeinflusst wurde.“ http://www.mercifulnuns.com/Grandlodge/GLliberInterviewD.htm

Und “Hey, Mr. Crowley, what´s wrong in your head?” ist „High Empress“ :-)

http://www.youtube.com/watch?v=gzf_IpCRCD8

Katrin
Katrin (@guest_38927)
Vor 10 Jahre

Zu Garden of Delight: ich denke deren Spiel mit dem Okkulten ist doch zum großen Teil Show — wie bei vielen Bands aus dem Bereich. Einfach weil es sich so gut verkauft (hat). Für mich haben viele dieser Bands mit solchen Themen keinerlei Authentizität und sind demnach einfach uninteressant für mich…

Dann denke ich, hast Du Dich nie wirklich mit Garden Of Delight oder Merciful Nuns befasst. ;-)

Axel
Axel (@guest_38930)
Vor 10 Jahre

Dann denke ich, hast Du Dich nie wirklich mit Garden Of Delight oder Merciful Nuns befasst. ;-)

Nö, habe ich auch nicht. Die Songs, die ich von denen gehört habe, waren doch ziemlich einfallslos und öde. ;-) Aber das ist ja bekanntermaßen Geschmackssache un darüber lässt sich da auch nicht streiten. ;-)

Trotzdem denke ich, dass exorbitant viele Bands mit solchen Symboliken nur spielen weil es Geld bringt oder das Label so will…
(Beispielsweise bei Yendri: das erste Album sollte eigentlich „Machinespirit“ heißen – aber das Label drängte auf den seltendämlichen Namen „Inhaliere Meine Seele Und Stirb“ damit es, Zitat, „auch im Osten gut ankommt“ – das ist so balla balla…)

Katrin
Katrin (@guest_38938)
Vor 10 Jahre

Nö, habe ich auch nicht. Die Songs, die ich von denen gehört habe, waren doch ziemlich einfallslos und öde. ;-) Aber das ist ja bekanntermaßen Geschmackssache un darüber lässt sich da auch nicht streiten. ;-)

Richtig… über Geschmack läßt sich nicht streiten. Über Inhalte schon. Und in diesem Punkt bin ich ganz sicher nicht unsensibel, weswegen Du gern mal darauf vertrauen darfst, das Garden Of Delight / Merciful Nuns (zum Beispiel) sicher Geschmackssache sind, aber ganz sicher nicht kommerzorientiert okkulte Pseudofahnen in den Euro-Gewinn-Wind hängen.

Katrin
Katrin (@guest_38941)
Vor 10 Jahre

http://www.dunklewelle.de/2011/04/merciful-nuns-ancient-astronauts-ep-ep-2011/

Nur mal so… nicht, weil ich Dich, Axel, überreden will, Deinen Geschmack zu überprüfen. Nur den Blick auf Inhalte mag ich lenken. Die Rezension ist von mir.

Axel
Axel (@guest_38951)
Vor 10 Jahre

Danke für den Link. Aber hilf mir mal auf die Sprünge: irgendwie erklärt das Review jetzt nicht wirklich die Inhalte. Und ich verstehe da auch nur Bahnhof. ;-)
(Nicht böse gemeint – aber das ist so der Nachteil von so kurz geschriebenen Reviews)

Katrin
Katrin (@guest_38956)
Vor 10 Jahre

Der Bahnhof ist ja keiner mehr, wenn man dann eben mal die Links benutzt… http://jonathan-dilas.de

Aber wie gesagt: Ich mag Dich ja gar nicht überzeugen. Wenns nicht Deins ist, ist es das eben nicht.

Kara Ben Nemsi
Kara Ben Nemsi (@guest_39192)
Vor 10 Jahre

@katrin
ah danke für das genaue zitat. das lässt es nicht so nach plagiat klingen. natürlich griff crowley auch auf alte mythen und religionssysteme zurück, so wie jede andere religion. er benutzte da zu kabbalistische schriften, indische yoga-lehren und den ägyptischen götterpantheon. sein system der selbstvergottung durch den thelemitischen weg war aber eine völlige neuschöpfung. crowley war universalgelehrt, sprach mehrere sprachen und war trotz seines irren drogenkonsums zu sportlichen spitzenleistungen fähig (besteigung des k2). seine art menschen in seinen bann zu ziehen und das trotz aller anfeindungen war einzigartig.
das diese okkulte persönlichkeit die gesamte rockmusik beeinflusste ist sonnenklar. an crowley kam man im rock (beatles/stones/maiden, sabbath) und gerade im gothic nicht vorbei. die texte, die cover die magische aura beeinflussten unsere generation.
das mr. seth an crowley als mensch nicht so interessiert ist sei im verziehen, das große tier hatte nun auch reichlich ecken und kanten :) das werk und seine wirkung steht aber als granitenes monument an dem man nicht vorbeikommt.
die texte, die cover, die magische aura der von crowley beeinflussten künstler hatten und haben uns in den bann gezogen und dies war auch nicht nur posieren mit dem unheimlichen. wie schon erwähnt kursierte in chemnitzer gothkreisen reichlich literatur und die wurde auch diskutiert und ausprobiert.
anfang der 90ziger gab es nicht jedes wochenende ne disse oder konzerte, es gab dafür privatparties auf friedhöfen, ruinen oder zuhause. das gab raum zur beschäftigung mit solchen themen. ich denke auch dass das verschwinden okkulter themen in der szene mit dem überangbot an kultur zusammenhängt. heute bekommt man seine freizeit von anderen ausgefüllt und das unterdrückt in einem gewissen rahmen die kreativität der kids.

@axel man bedient okkulte themen weil es das label so will oder geld bringt? aha. du hörst dich in deiner ewigen kapitalismuskritik an wie meine pionerleiterin in der ddr. das war auch ihr hauptargument wenn sie von uns mit der natürlich besseren rockmusik des westens konfrontiert wurde. „die müssen das so machen, weil es sich besser verkauft.“ welche band im ernst zunehmenden schwarzen sektor würde sich sowas einreden lassen? zumal ich nicht der meinung bin das man dadurch besser verkauft. wenn man was besser verkaufen will muss man es der masse zugänglich machen und die freut sich nicht über phallussymbole im sechsstern. da kommt ein kackiger beat besser an.

NorthernNephilim
NorthernNephilim (@guest_39221)
Vor 10 Jahre

Man kann von Arthaud halten was man will, ich persönlich mochte ein Großteil der G.O.D. Sachen auch nicht. Viel zu überladen und elektronisch, dazu noch das schlechteste FOTN Cover aller Zeiten (OK FOTN zu Covern kommt ja fast schon dem heiligen Gral gleich, Joy Division zu Covern – wa ihm mit The Eternal ja wiederum gelungen ist).

Merciful Nuns finde ich hingegen durch und durch gelungen!

Death Disco
Death Disco (@guest_39434)
Vor 10 Jahre

Ich dachte schon, ich wäre der einzige, der Garden of Delight für völlig überbewertet hält. ;-)

Ich mag Songs wie The Seal (einfacher, aber genialer Ohrwurm), Silent Gate, Shared Creation, The White Goddess, Symbol and Vision usw. usf., keine Frage. Aber das gesamte Output überblickt sind es doch äußerst wenige Songs, die mich vom Hocker reißen.

Es ist nicht einmal der Elektronik-Einsatz, der mich nervt, sondern diese unbeholfenen Versuche zu singen, die ewig selbe Drum-Programmierung und die chronische Langeweile, die viele Titel verbreiten. Das kenne ich so bisher nur von Ikon (die das durch noch langweiligeren Gesang sogar toppen können).

In den 90ern gab es etliche Gothic-Rock-Bands dieser Art – man musste sich nicht auf solche Hypes festlegen. Mir sagten Gruppen wie Vendemmian, Mephisto Walz oder Corpus Delicti deutlich mehr zu.

Ian von Nierenstein
Ian von Nierenstein (@guest_39757)
Vor 10 Jahre

Boah, Garden Of Delight und Merciful Nuns… alles solche schlimmen, schlimmen Sisters-Klone, so wie etwa 90 % aller Goth-Rock-Bands der 90er :)

Katrin
Katrin (@guest_39764)
Vor 10 Jahre

Es ist nicht einmal der Elektronik-Einsatz, der mich nervt, sondern diese unbeholfenen Versuche zu singen, die ewig selbe Drum-Programmierung und die chronische Langeweile, die viele Titel verbreiten. Das kenne ich so bisher nur von Ikon (die das durch noch langweiligeren Gesang sogar toppen können).

Ich hab da anscheinend nen genetischen Defekt, denn irgendwie zieht mich gerade die Unaufgeregtheit von IKON absolut in ihren Bann. :D

Death Disco
Death Disco (@guest_39767)
Vor 10 Jahre

Mich macht der Gesang ganz wirr. Wieviele Ikon-CDs hatte ich schon auf Empfehlung im Player. Da sind gute Ansätze in der Musik. Aber sobald der Gesang einsetzt, ist mein Finger schon an der Skip-Taste. Der Mann klingt so verdammt uninspiriert und ausdrucksarm. Da begnüge ich mich lieber mit Schreihälsen und Cookie-Monstern. ;-)

Boah, Garden Of Delight und Merciful Nuns… alles solche schlimmen, schlimmen Sisters-Klone, so wie etwa 90 % aller Goth-Rock-Bands der 90er :)

Dafür wurden damals schon etliche Gruppen kritisiert und belächelt. Ich erinnere mich da noch an Love Like Blood, The Merry Thoughts und Angina Pectoris (Joelen Mingi klang eher nach Bronchitis). Einerseits waren das zum Teil 1:1-Kopien ihrer Idole, andererseits musste man froh sein, dass sich in der Richtung überhaupt noch was tat.

Letztlich hatte jede dieser Bands mindestens drei gute Songs mit Hitpotential. Man denke nur einmal an Still Patient?. Auf Album eher verzichtbar. Aber manchmal schimmert dann doch so ein Song wie „Ellum“ durch, den man sogar auf Repeat setzen kann.

Ian von Nierenstein
Ian von Nierenstein (@guest_39770)
Vor 10 Jahre

Still Patient? machen ja seit letztem Jahr wieder Musik und spielen auch bei uns in Karlsruhe, fällt mir gerade ein :) Freue mich schon drauf.

So nebenbei bemerkt, muss ich sagen, dass mir die Verschmelzung von Rock- und Elektronik-Elementen gerade sehr gut gefällt :)

Janina
Janina (@guest_48848)
Vor 10 Jahre

„Schwarze Gestalten, die sie schon um 11:00 am Morgen auf dem Zeltplatz des Gothic-Festivals ein Bier an den Hals setzten, haben Gothic nie als Kultur verstanden, sondern nur als alternatives Feierprogramm zum bunten Alltag.“ kann ich aus meiner persönlichen Ansicht ganz so nicht unterschreiebn. Ich trinke auf Festivals auch schon ab dem Morgen alkoholische Getränke (allerdings lieber Wein oder wahlweise Absinth…). Ich sehe darin aber keine Bestätigung, dass ich die Kultur nie verstanden hätte. Ein Festival ist für mich persönlich eine große Feier und wenn es mir schmeckt, warum sollte ich dann nicht einen Rotwein dem Kaffee vorziehen, so lange ich keinerlei Verpflichtungen habe? Wenn ich auf ein Konzert gehe, trinke ich normalerweise. Wenn ich um 11.00 uhr morgens von meinem Zelt aus zu einem Konzert gehe, gehe ich ja trotzdem zu einem Konzert. Das wäre dann meine Logik in dieser Situation. Ich liege ja nicht automatisch um 14.00 Uhr flach auf der Wiese, schließlich kann Frau auch mit Maß trinken. ;-)

Ian von Nierenstein
Ian von Nierenstein (@guest_48849)
Vor 10 Jahre

Joa, das sehe ich auch so Janina.
Es geht ja nicht drum, sich abzuschießen, sondern einfach ein bisschen am Zeltplatz rumzugammeln und mit anderen zu quatschen oder was weiß ich :) Philosophieren tut man ja ohnehin die ganze Zeit schon, sei es zu Hause, oder in Kommentarlisten wie diesen hier auf diesem höchst wundersamen, aber wundervollen Blog :)
Und wer ein kühles Bierchen nicht mag, dem mundet ja vielleicht auch ein frisch gepresster Kaffee.
Was ich an Festivals einfach mag: Dass man wenigstens ein Wochenende lang die Szene für sich hat, Gleichgesinnte trifft, oder sich einfach nur die Bands anschaut, die man mag – und wenn das ganze noch von einem Meer schwarzer Gestalten unterstrichen wird, das mitsamt der Zelte bis zum Horizont hin in den glimmenden Sonnenuntergang reicht, dann fühle zumindest ich mich wie zu Hause angekommen. Ist aber nur mein Empfinden, mögen es andere nicht so sehen. Dafür, dass ich normalerweise Menschenmassen meide, weil sie mir einfach auf den Senkel gehen, bin ich hier umso zufriedener gestimmt.

Festival bedeutet für mich auch Netzwerk. Hier treffe ich Freunde, die ich jahrelang nicht gesehen habe, lerne neue Leute kennen oder treffe generell Leute, die ich zwar schon eine Weile z.B. über Facebook gekannt, aber bisher in „Natura“ nicht gesehen habe.

Ian von Nierenstein
Ian von Nierenstein (@guest_48854)
Vor 10 Jahre

In der Tat, Robert, da stimme ich dir zu.
Ich denke, das mit dem Feiern, Trinken oder Scherzen ist ja so ’ne Sache. Das kann man alles stilvoll in Maßen (nicht Massen) und vor allem sollte schwarzer Humor auch erlaubt sein. Im Sinne von schwarz. Und nicht von Proll. Aber pssst, das darf niemand mitbekommen, dass sich unsere schwarzen Mundwinkel sogar einmal in hundert Jahren nach oben krümmen können… und wenn es auch nur für einen unscheinbaren Moment ist. Aber bitte mit Stil ;-)
Hui, das mit den niedergeschriebenen Gedanken klingt schmerzhaft :P

Ian von Nierenstein
Ian von Nierenstein (@guest_48856)
Vor 10 Jahre

Das stimmt :)
Ok, was ich am M’era wirklich sehr kritisiere sind einige offensichtlich mit gewissen chemischen Aufputschmitteln vollgepumpte Gestalten, die dann z.B. splitterfasernackt durch die Gegend hüpfen… da frage ich mich dann, ob die nicht evtl. auf Techno-Events wie dem „Nature One“ besser aufgehoben wären. Einer dieser Gestalten habe ich meinen damals sowieso schon zerstörten Zylinder in die Hand gedrückt, damit sie nicht ganz so knapp an Bekleidung sei. Nicht, dass sie einem was täten, aber in mein Epfinden für schwarze Gesamtästhetik passt das nicht so wirklich rein :)

Marcus
Marcus (@guest_48857)
Vor 10 Jahre

Ich hoffe, meine Sichtweise klingt nicht zu engstirnig, doch wenn wir nichts “anders” machen als die breite Masse, was unterscheidet uns dann noch von ihr? Vor allem auf den großen Festivals der schwarzen Szene, wie dem Mera Luna, dem Amphi oder auf dem Blackfield fällt mir das unangenehm auf.

Auch wenn die eine oder andere Band, die sich bei diesen Festivals blicken lässt, durchaus reizvoll erscheinen mag, ist das musikalisch Dargebotene eben nicht allein ausschlaggebend für ein gelungenes Konzert oder Festival. Die Atmosphäre, die zu einem nicht unerheblichen Teil von den anwesenden Menschen geschaffen wird, ist letztendlich entscheidend. Es wird zwar immer gesagt, man sollte einfach alles andere ausblenden und nur die Musik an sich lassen, aber das funktioniert doch nur in den seltensten Fällen. Zumindest schauen meine Erfahrungen so aus. Ist es nicht in bedeutendem Maße störend, wenn man das Gefühl hat, nicht auf einem „schwarzen“ Festival zu verweilen, sondern am Ballermann. Dieses Gefühl scheint aber unausweichlich, wenn man Menschen sieht, die mittels Strohhalmen alkoholische Getränke aus Eimern trinken und wenn Schlagermusik und ähnliches über den Zeltplatz schallt. Ich fühle mich in so einer Atmosphäre jedenfalls nicht wohl. Deshalb entscheide ich mich lieber für Veranstaltungen, bei denen offensichtlich weniger Spaßgesellschaft und mehr Subkultur zu erwarten ist.

Ian von Nierenstein
Ian von Nierenstein (@guest_48860)
Vor 10 Jahre

Gerade auf dem M’era hat man schon das Gefühl, eher auf Wacken gelandet zu sein *weghusch*

Jasper Morello
Jasper Morello (@guest_50105)
Vor 9 Jahre

Grundsätzlich war ich immer der Auffassung das es im Kern der Szene eben doch eine Konstante gibt die alle mehr oder weniger vereint, eine Form der Romantik die sich an pessimistischem, verträumtem Gedankengut und Dingen wie Vergänglichkeit, bizarrer Ästhetik, Mystizismus und Melancholie ergötzt…

Sebastian
Sebastian (@guest_50588)
Vor 8 Jahre

Ich habe keine schwarze hose aber blau geht das auch

Letiva
Letiva (@guest_53722)
Vor 7 Jahre

Sehr gut und treffend.
Ich kann nur in dem Punkt nicht zustimmen, der die Resignation betrifft.
Ich gehe Unangenehmlichkeit nicht grundsätzlich aus dem Weg. Auch die offene Konfrontation, ist mir nicht fremd

Ich lasse durchaus die restliche Gesellschaft an meinen Gedanken und Widersprüchen teilhaben.

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