Gothic Friday Dezember – Ausgehen in Freiburg und Umgebung (Merlyn)

Ich bin untröstlich. Offenbar bin ich nicht in der Lage meinen E-Mail Eingang richtig zu bedienen, so dass mir eine Nachricht von Merlyn, mit ihrem Beitrag zum Gothic-Friday im Dezember, einfach durch die Lappen gegangen ist. Vielleicht war der 13. Januar als Endtermin, an den sie sich penibel gehalten hat, etwas „unglücklich“ gewählt.  Doch besser spät als nie!

Schicksalhafterweise passt der Gastartikel zum Thema „Subkultur in Deiner Stadt“ ganz prima zur jüngsten Diskussion in der Wochenschau, in der Freiburg von zwei schreibenden Damen zu spießigsten Stadt gewählt wurde. Wie passend, dass Merlyn sich genau mit dieser Stadt und der Umgebung auseinandergesetzt hat. Vielleicht ist Freiburg dann doch nicht so spießig, wie bislang angenommen.

Aufgewachsen bin ich im Offenburger Raum (Baden-Württemberg), da gab es zunächst gar nix wo man hin gehen konnte. Den ersten ernsthaften Goth traf ich erst mit 20, davor hatte ich nur Brieffreunde. Mit meinem neuen schwarzen Kumpel fuhr ich dann fast jeden 2. Samstag nach Karlsruhe in die Kulturruine (jetzt Culteum) und zum Shoppen ins X-Tra/Spirit Shop. Zumindest kommt es mir in meiner Erinnerung so vor, dass wir so oft in Karlsruhe waren, was immerhin auch gute 100 km Autobahnfahrt bedeutete.

Eine gute Alternative vor meiner Haustür war das seit 1999/2000 vierteljährlich stattfindende „Dark Dance Treffen“ in Lahr. Was anfangs paradiesisch war, sollte jedoch später ganz übel werden (dazu später).

Jeden Freitag konnte man in einer Dorfdisco im Emmendinger Raum (Atlantis – House of Rock) zumindest stundenweise auf seine Kosten kommen. Je nach Publikum lief Punk, Metal, Indie und zu vorgerückter Stunde auch Gothic. Beinahe die  die ganze Jahrgangsstufe meiner Schule traf sich dort. Aber auch hier änderten sich die Zeiten, alle wurden älter und gitarrenlastige Musik scheint die heutige Jugend nicht mehr so in den Bann zu ziehen. Jedenfalls ist die Disco nicht mehr so gut besucht, Punks und Metaller sind rar. Statt Gothic kommt für die Cybers eine Stunde lang „Bum-Bum“. Der Rest ist ein liebloses Durcheinander aus Queen, Limp Bizkit, Onkelz, Manowar und Madonna.

Inzwischen wohne ich in Freiburg und da kann man viel unternehmen:

Im Crash findet jeden Donnerstag der Wave/Gothic- Abend statt. Mein persönlicher Ansporn freitags übermüdet zur Arbeit zu kommen ist DJ Falko (hat die „Godfathers of German Gothic“ – Sampler  zusammengestellt). Er spielt Batcave, Gothic Rock, alte EBM, ganz schräge und rare Sachen.
Leider ist der schwarze Donnerstag eher schlecht besucht, der Nachwuchs fehlt und die alten Hasen können aufgrund von (Schicht-) Arbeit nicht immer kommen. Dennoch möchte man die Veranstaltung beibehalten um der Tradition Willen und damit es in Freiburg einen Treffpunkt für die schwarze Szene gibt.
Vierteljährlich gibt es zudem die „Große Waveparty“ am Samstag, wo auf den 2 Floors 4 DJs abwechselnd unterschiedliche Stile auflegen. Hier ist es stets sehr voll. Inzwischen gibt es an 1-2 Samstagen im Monat auch ein schwarzes Programm im kleineren Thekenraum. Gespielt wird ein Mix aus 80er und weniger sperrigen Gothicstücken, je nach Publikum.

Weitere Treffpunkte:

  • Café Atlanik: Konzerte mit legendären Bands wie Fliehende Stürme, Faith & the muse, And also the trees, the Cranes … meistens leider unter der Woche.
  • Walfisch: eher punkige/rockige Konzerte, aber manchmal auch interessant
  • Swamp, Slow Club, White Rabbit Club: unregelmäßige Veranstaltungen aus der Richtung Indie/ Gothic
  • KGB: gelegentlich Depeche Mode Party
  • Ratcave: im KTS (linksautonomes Zentrum) gibt es 2-3 Mal im Jahr kleine Batcave- Festivals mit nicht so bekannten Bands. Eintritt und Getränke sind spottbillig. Auf der Toilette gibt es kein Licht und man sollte nur auf abwaschbaren Möbeln Platz nehmen. Bei der Aftershow-Party wird Vinyl aufgelegt und selbst wenn man keine der Bands kennt, ist es sehr lohnenswert, da die Stimmung immer toll ist!
  • Schallplatten- & CD Börse 2 x im Jahr
  • Schallplatten – und CD Läden mit Second Hand LPs/CDs: Flight 13, Mono, Maikäfer
  • Schwarze Stammtische in Offenburg und Freiburg vom Onlineforum „Schwarzes BW“
  • NeedfulthinxX, Polltäx, Chamäleon, Second Hand „Schlepprock“: Klamottenläden in Freiburg

Wie oben angekündigt wollte ich auch noch ein paar Worte zum Dark Dance Treffen in Lahr sagen, welches in  ersten Jahren wirklich super war! In der Presse (auch lokale Tageszeitung) und auf verschiedenen Internetseiten wird beständig damit geworben, dass es sich um das größte GOTHIC Festival in Süddeutschland das handelt. Früher traf die Bezeichnung „gothic“ sicher zu, doch in den letzen 5-8 Jahren hat sich das Festival gewandelt und ist heute eher ein Cyber-Treffen. Die Bezeichnung „gothic“ verdient da nur noch ein Bruchteil des Angebots.

Wenn’s dir nicht passt, dann geh halt nicht hin.“, wird mir oft gesagt. Natürlich, ich möchte ja keinem vorschreiben, wo er/sie hingehen soll. In meinem schwarzen Bekanntenkreis werden jedoch immer wieder Stimmen laut, warum die Bandauswahl nicht etwas ausgeglichener sein kann (so wie früher) oder ob es einen ermäßigten Eintrittspreis geben könnte für diejenigen, die sich die Konzerte nicht anschauen wollten oder erst danach eintreffen. Kritik und Verbesserungsvorschläge werden jedoch ignoriert oder sogar aus Gästebuch/Foren gelöscht.
Natürlich kann man nicht ständig auf dieser „früher war das aber so und so“ – Leier pochen; wenn die Besucher eben Elektro-Mucke wollen, dann wäre man als Veranstalter blöd diesem Wunsch nicht nachzukommen.
Die Besucherzahlen sind jedoch schon seit längerem mies, was ich Freunden immer wieder höre. Aus strategischen Gründen, steht auf der Homepage jedes Mal „es war wieder großartig“ und so weiter. Die Lokalpresse druckt nur Fotos ab und listet die Bands auf. Presseleute trifft man auf dem DDT öfters an, fragt von denen keiner Mal genauer nach???

Normalerweise spielen 4-5 Bands, davon bietet meistens nur eine handgemachte Musik (z.B. Rome, Escape with Romeo), die übrigen liefern Cyber-Techno. Die Band ohne Laptop bekommt dann auch noch den undankbaren Auftrag als Opener zu spielen und muss nach 30-40 min ohne Zugabe die Bühne räumen. Die komfortabele große Halle mit Bühne gehört danach uneingeschränkt den Diskopalmen, während sich die Batcaver und Gothic-Rocker zu DJ Falko (Crash, siehe oben) in einen zugigen Abstellraum zurückziehen. Kein Witz! Dort sieht es aus als hätte man 3 Wände aus Gipskartonplatten an die Außenfassade drangetackert und unter dem Jahr werden dort bestimmt die Bierbänke gelagert.

Die Batcave-Hundehütte befindet sich am Ende eines langen Ganges, an dessen beiden Enden die Ausgänge zu den 2 Open-Air Bereichen liegen. Folglich herrscht immer Durchzug. Es gibt auch  einen Depeche Mode- Floor, der sich zum Glück zentral im Gebäude befindet, sowie einen Mittelalter- Floor in einem Zelt (die Fans finden das sicher ganz toll, denn auf so ner Burg war’s ja auch immer kalt damals). Okay, einen Pluspunkt muss man dem DDT lassen: Im Eintrittspreis inbegriffen sind Shuttle-Service-Busse, die stündlich zwischen Bahnhof und Festival pendeln.

Anhand des Publikums werde ich auch das Gefühl nicht los, dass sich hier viele Neulinge, und/oder szenefremde Neugierige magisch angezogen fühlen. Ich denke mir dabei, dass die Leute vermutlich nicht so sehr an der Musik interessiert sind und sie somit meine Kritik an der Sache gar nicht verstehen können. Die finden es vielleicht sogar super, dass die Cyber-Mucke überwiegt, denn das klingt ja wie Techno und somit nicht ganz ungewohnt für „Normalos“. (soll jetzt nicht arrogant klingen)

Abschließen möchte ich sagen: ich finde das DDT nicht empfehlenswert. Man bezahlt zwischen 25-33 EUR Eintritt, meistens ist nur eine Band interessant und sitzt/steht danach in einer Abstellkammer rum. Nein, danke.

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NorthernNephili
NorthernNephili (@guest_17182)
Vor 12 Jahre

Scheint ja doch ganz gut was zu gehen bei euch.
Ja das Problem mit den Konzerten und Festivals da seid ihr nicht alleine. Generell müssen man die Perlen der Konzerte immer mitten in der Woche stattfinden, und die Festival Lineups sind ja dieses Jahr wohl ein schlechter Scherz. Mera Luna lässt man entweder möchtergern Mittelalter Saufbrigaden oder sogenannte Indie Bands headlinen während wirklich originale Sachen entweder gleich in den Hangar verfrachtet oder zu unmöglichen Zeiten „morgens“ um 13:00 spielen… OK der Rest, Amphi, euer DDT, und andere verdächtige: das Lineup quasi vollkommen in Copy & Paste Manier übernommen.

Zum Glück kann sich das WGT einigermaßen in noch guten Fahrwasser bewegen, und ansonsten empfehle ich das europäische Ausland…

Marcus
Marcus (@guest_17184)
Vor 12 Jahre

@NorthernNephilim:

…ansonsten empfehle ich das europäische Ausland…

Auch in Deutschland gibt es ein paar nette, feine Festivals, die einen Besuch wert sind. Absolut empfehlenswert ist das Nocturnal-Culture-Night-Festival im September in Deutzen bei Leipzig. In diesem Jahr u.a. mit Peter Hook & The Light, Pink Turns Blue, The Beauty Of Gemina und Clan Of Xymox. Und schon im März locken u.a. Die Art und Bloody Dead And Sexy zum Dark Spring Festival nach Berlin.

Die Illusionen große Festivals betreffend habe ich aber verloren. Vollkommen zurecht nennst Du die Zusammenstellung des LineUps eine Copy & Paste Manier. Letztendlich ist hierfür aber der Konsument hauptverantwortlich. Solange die Festivalgelände voll sind, wird ein wirtschaftlich denkender Veranstalter kaum etwas ändern. Hauptsache die Kasse stimmt.

NorthernNephilim
NorthernNephilim (@guest_17185)
Vor 12 Jahre

Sachen wie NCN sind mir ein Begriff, das Dark Spring auch war schon 2 mal dort – dieses Jahr nicht wegen Fields in Budapest am gleichen Wochenende. ODer das Shadowplay letztes Jahr in Belgien war ja auch ganz fein.

Das WGT hat halt noch den Vorteil der Bandbreite und des großen Raumes … man muss sich nicht besonder groß anstellen um Sachen wie Combichrist aus dem Weg zu gehen…

shan_dark
shan_dark (@guest_17190)
Vor 12 Jahre

Toller Artikel, Merlyn, liest sich auch gut! Hätte ja keiner erwartet, dass es in Freiburg doch ganz nett schwarz sein kann…

Ansonsten kann ich Northern Nephilim nur absolut recht geben. Die Headliner beim Mera Luna waren mir schon immer etwas zweifelhaft (z.T. gut, aber nicht Goth – außer das eine Jahr mit dem Hammerlineup, als u.a. Bauhaus gespielt haben am SA abend). Ich fand die Musik im Hangar auch nie besonders dolle, ehrlich gesagt. Amphi ist ähnlich. Line-ups werden übernommen – klar, wer Leute zieht, wird auf die Bühne gestellt.

Mittlerweile haben wir uns was die elektronischen Sachen angeht stark auf Belgien fixiert – sind immer tolle Festivals dort, auch von der Stimmung und den Leuten her. Egal ob klein (BIM-Fest) oder größer (Sinners Day). Definitiv kein Schaulaufen, keine Cybers!

Das Dark Dance hat mich noch nie gereizt, aber wenn ich es vor der Haustür hätte, wäre ich vor dem Lesen deines Berichtes wohl auch mal hingegangen. Nu nich‘ mehr :)

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