Winterliche Frische mit den Angels of Liberty, Grooving in Green und Chrysalide

Der erste Schnee hat uns besucht, sein weißes Kleid hinterlassen und der Musikredaktion viel Zeit für neuen Alben beschert. Herausgekommen sind 5 Rezensionen, die an Abwechslung nicht zu überbieten sind. Die Angels of Liberty liefern seit ihren beiden EPs konsequenten Oldschool Goth Rock und beweisen mit ihrem Debüt-Album „Pinnacle of the Draco“, dass Goth Rock noch nicht zum alten Eisen gehört. Nachdem die Band Grooving in Green endlich die Veröffentlichungsprobleme ablegen konnten, stellen sie mit ihrem zweiten Album „Stranglehold“ das selbsternannte Genre „Groove Goth“ auf eine neue Bewährungsprobe und knüpfen musikalisch an die Angels of Liberty an. Aus einer ganz anderen Ecke beschallen Chrysalide den Zuhörer, mit ihrem aktuellen Album „Don’t be scared, it’s about life“ wollen sie dem Electro-Industrial Bereich den technoiden Stumpfsinn austreiben, ein Album, das Piet jetzt schon für ein Meisterwerk hält. Entspannung hält die Band Fire + Ice bereit, die mit herbstlicher Musik auf ihrem neuen Album „Fractured Man“ dazu einladen, sich auf den Winter einzustellen. Zu guter Letzt entführt uns die fleißige Musikredaktion auf ganz ausgefallene Wege. Theatre Macabre-Avant Garde-Baroque ’n‘ Roll nennen Fear Incorporated ihren Musikstil und stellen mit ihrem aktuellen Album „Phobos“ unter Beweis, dass schräge Klänge auch lohnenswert sein können.

Angels of Liberty – Pinnacle of the Draco

Angels of Liberty - Pinnacle of the Draco„Angels of Liberty“ wurden 2011 in UK gegründet. Als Intention geben sie folgendes an: „Our aim is to create Gothic Rock for the elite few left who are still proud to call themselves Goths, those who, with their passion and will, tend to the Black Flame.“ So überrascht es auch nicht, dass hier konsequenter Oldschool Goth Rock geboten wird, wenn auch mit modernen elektronischen Einflüssen. Man fühlt sich an die 90er zurück erinnert, als der Goth Rock seine zweite Blüte erlebt hat und die drum machines nur gescheppert haben. Eine Zeit die Größen wie „Rosetta Stone“, „The Merry Thoughts“ oder „Love Like Blood“ hervorgebracht hat. Auf dem Album sind fast ausschließlich tanzbare nach vorne drängende Stücke mit denen man die Pikes zum glühen bringen kann. Endlich spielt mal wieder eine Gruppe augenzwinkernd mit Klischees und hat hörbar Spaß an dem was sie tut. Thematisch bleibt man auch den vorherrschenden Themen des Goth Rock treu: Selbstfindung, Rebellion, Abgrenzung, Provokation, Mythologie & Melancholie. Man wird wohl in naher Zukunft des öfteren Songs dieses Albums auf vielen Tanzveranstaltungen zu hören bekommen. Goth Rock´s not dead!

Internetseite: Angels of Liberty – Label: Secret Sin Records – Preis: ~15 Euro

Grooving in Green – Stranglehold

Grooving in the Green - StrangleholdNach langen Veröffentlichungsproblemen ist es endlich soweit: Das zweite Album von „Grooving in Green“, eine Band die sich aus ehemaligen Mitgliedern der Bands „Children on Stun“ sowieso „Solemn Novena“ zusammensetzt ist erschienen. Man kann schon erahnen, wo die Musik der – nach einem Song der legendären „March Violets“ benannten – Gruppe hinführt. Sie selbst bezeichnen ihre Musik als „Groove Goth“ und gelten als eine der größten Hoffnungen in diesem Genre. Während nach fast 3 Jahrzehnten sich die meisten Bands immer noch (mit unter sehr stark) an den „Sisters“ oder den „Fields“ orientieren, gehen „Grooving in Green“ einen anderen Weg, auch wenn man die beiden Bands genauso wenig wie „The Mission“ als Einflüsse leugnen kann. Sie klingen trotz vieler bekannter Einflüsse doch sehr frisch und irgendwie anders. Da der Goth Rock in den letzten Jahren wieder deutlich zugenommen hat, könnte man diese Gruppe durchaus als Speerspitze einer neuen Welle (third wave of goth rock?) bezeichnen. Stimmlich eher an Ian Istbury („The Southern Death Cult“/“Death Cult“/“The Cult“) erinnernd, als an Eldritch oder McCoy tut auch das sein übriges für etwas Abwechslung, besonders da die Stimme weit abwechslungsreicher eingesetzt wird als es bei vielen anderen Bands der Fall ist. Sehr gut gemachter zeitgemäßer Goth Rock mit großem Potential. „Beneath the surface I know that we offer more“.

Internetseite: Grooving in Green – Label: AF-Music – Preis: ~14 Euro

Chrysalide – Don´t be scared, it´s about life

Chrysalide - Dont be Scared its about LifeMit „Don´t be scared, it´s about life“ kommt erneut ein Album aus dem Electro-Industrial Bereich, welches hoffen lässt, dass die Zeiten technoiden Stumpfsinns sich endlich dem Ende entgegen neigen. Musikalisch zwischen „Skinny Puppy“ und „Velvet Acid Christ“ angesiedelt versprühen sie jene Aggression, Resignation als auch die Atmosphäre des Cyberpunk, wie man es sich von einer guten Electro Band wünscht. Gefangen in einer dystopischen Welt voller Kontrolle, Macht und Unterdrückung führt die „Noize Guerilla“ ihren Kampf gegen die Ungerechtigkeit. Vor Aggression und Hass nur so strotzende Stücke werden durch Ambient-lastige bis zu fast schon balladesken Werken abgewechselt. Genregrenzen werden bewusst ausgelotet, nicht nur die große Bandbreite von „ruhig bis hart“ sondern auch Anleihen an Musikstilen die man da vielleicht nicht auf einem solchen Album erwartet hat werden hier ganz selbstverständlich mit eingewoben. Textlich auf sonst hohem Niveau sticht lediglich das fast schon pubertär wirkende „Traders must die“ etwas heraus, was dem restlichen Album aber keinen zu großen Abbruch tut. Mit diesem – ihren zweiten – Album könnten es die Franzosen schaffen, der (Dark) Electro Szene ein neues Meisterwerk vorzulegen, welches viele weitere Menschen inspirieren kann um endlich wieder handwerklich, textlich wie innovativ gut gemachte Musik zu veröffentlichen. Eines der größten Alben aus diesem Bereich der letzten Jahre ist es jetzt schon.

Internetseite: Chrysalide – Label: Dependent – Preis: 12,50 Euro

Fire + Ice – Fractured Man

fire ice -fractured manGanze 12 Jahre mussten Fans der Neofolk Legende „Fire + Ice“ auf ein neues Lebenszeichen warten. Doch endlich ist es soweit und es ist nicht nur ein neues Album sondern ein Machwerk eines ganzen Künstlerkollektivs. „Unto Ashes“ und „Blood Axis“ sind hier besonders oft vertreten, aber auch „Sonne Hagal“, „Vurgart“ und „Death in June“ tragen ihren Teil dazu bei. Was früher normal war, scheint heute wie eine kleine Renaissance der Neofolk Familie. Durch die vielen Gastbeiträge erhält dieses Album noch einen ganz neuen Charme, doch wird alles weiterhin von Ian Read´s einzigartiger Stimme zusammengehalten und die Themen beziehen sich auch noch größtenteils auf Naturromantik, Heidentum und Liebe. Die deutsche Sprache hat Herr Read endgültig für sich entdeckt, was wohl nicht zuletzt mit seiner Vorliebe für den Lyriker „Rolf Schilling“ zu tun hat, diese jedoch schon früher bei Zusammenarbeiten mit „Death in June“ und „Forseti“ gekonnt in Szene gesetzt hat. Wenn man mal wieder in eine Welt voller Schönheit, Natur und Fabelwesen abtauchen will bietet sich „Fractured Man“ förmlich an. Ein Glas Wein, eine Kerze und der Blick in den Sonnenuntergang über einem Wald, das wäre das perfekte Szenario um diese Scheibe hören. Auf jeden Fall passendes Liedgut um den Herbst ausklingen zu lassen und sich auf die Weihnachts-/Julzeit vorzubereiten.

Internetseite: Fire + Ice – Label: Tesco Germany – Preis: 14 Euro

Fear Incorporated – Phobos

Fear Incorporated - Phobos„Theatre Macabre-Avant Garde-Baroque ’n‘ Roll“ nennen sie selbst ihren Musikstil. Diese Band, welche von 2 ehemaligen Mitgliedern der Band „Sex Gang Children“ mitbegründet wurde, weiten den Death Rock/Batcave Stil, der mit starken Einflüssen aus Theatralik und Cabaret angereichert wurde mit ihrer neuen Band noch weiter aus. Doch bleiben sie nicht nur bei diesem Einflüssen, sondern binden auch immer wieder elektronisch-verstörende, als auch leicht folkloristisch angehauchte Elemente mit ein. Bei „Fear Incorporated“ handelt es sich um eine Konzeptband, welche die vielen Formen der Angst behandelt. So wundert es auch nicht, dass ihr zweites Album den Namen „Phobos“ trägt (das Erste hieß „Sawney Cave“, nach dem legendären Sawney Bean). Bei den 10 Stücken, die sich auf dem Album befinden werden Ängste vom „lebendig begraben werden“ bis zu Ängsten vor Geister, Hexen oder dem Feuer auf sehr eindrucksvolle Art und Weise behandelt. Zum Lied „ Clown“ existiert ein liebevoll gemachtes Video, welches aus einer Computeranimation besteht und diese Angst zudem sehr schön visuell darstellt. Der Gesangsstil erinnert an andere Bands aus diesem Bereich. Wer „Sex Gang Children“, „Cinema Strange“ oder „Virgin Prunes“ mag und auch noch Cabaret-lastigere Musik mit Hang zur musikalisch schrägen Klängen mag, sollte unbedingt ein Ohr riskieren.

Internetseite: Fear Incorporated – Label: Manic Depression Records – Preis: 12 Euro

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Irmin
Irmin (@guest_31222)
Vor 11 Jahre

Erstaunlich, wer so alles wieder zum Leben erwacht. Jetzt also auch Fire & Ice… Mit der Anzahl Gastmusiker ist das ja fast ein Familientreffen der Neofolk-Größen. Die Kostprobe klingt schon mal vielversprechend, der Rest des Albums hält das hoffentlich ;-)

Chrysalide klingt ein ganz klein wenig anders, aber ebenfalls gut. Vermutlich wird das Album etwas brauchen, um gut gefunden zu werden, aber das ist ja nichts Schlechtes.

Zumindest hab ich damit schon mal zwei Vorschläge für Weihnachtsgeschenke und nerve nicht mehr damit, dass ich nicht weiß, was ich haben will. Welches der beiden Alben ich dann wohl am Weihnachtsabend auflegen sollte? *g*

Grooving in Green gefällt mir deutlich besser als Angels of Liberty. Nicht, dass ich was gegen „Oldschool“-Goth-Rock hätte, aber ich finde, etwas Abwechslung tut gerade diesem Genre gut. Du hast mein größtes Problem sogar schon angesprochen: Die Stimme. Grooving in Green ist da ja fast eine Offenbarung: Nein, nicht jeder Goth-Rock-Sänger muss gleich klingen. Vielleicht tue ich da vielen Bands des Genres auch unrecht. Was daran liegen könnte, das ich vor Kurzem auf nem Konzert war, wo eine Goth-Rock-Band (die „Golden Apes“) als erste Band auftrat. Die klang sowas von generisch… und das, wo ich was von „unique voice“ gelesen hatte. Naja. „Stranglehold“ müsste ich mir also eigentlich allein schon wegen den unterschiedlich eingesetzten Stimmen kaufen ;)

„Phobos“ finde ich auch eher „naja“. Nicht so richtig meins.

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